Ulrichs Kinderkarussell dreht sich seit Generationen

7.10.2018, 21:00 Uhr
Ulrichs Kinderkarussell dreht sich seit Generationen

© Thomas Scherer

Bei Joachim Ulrich geht es rund. Die Fürther freut das und manche, die es heute mit ihren Enkeln zu seinem Kinderkarussell in der Nähe der Feuerwehr zieht, sind einst selbst stolz mit der gelben Postkutsche oder dem schnittigen Hubschrauber im Kreis gefahren. 

Im Familienalbum von Ulrich gibt es ein Bild, das den heute 56-Jährigen zeigt, wie er als Dreijähriger eine erste Runde auf dem Karussell dreht: „Das hat mein Großvater 1947 gebaut“, erzählt er. Im Jahr vor der Währungsreform war das eine äußerst schwierige Aufgabe: „Es gab ja nichts, er musste nehmen, was greifbar war.“ Das Ergebnis dieser liebevoll gepflegten Fleißarbeit lässt Kinder bis heute träumen.

 Wo sonst, bitte, bietet sich denn auch die Chance, in ein Formel-Eins-Chassis zu steigen? In einem Feuerwehrauto Platz zu nehmen? Auf ein Motorrad zu klettern? Um sich dann unter blinkenden Lichtern unermüdlich in Bewegung zu setzen...

Seit bald 100 Jahren arbeitet die Familie von Joachim Ulrich im Schaustellergewerbe. Er kam in Fürth zur Welt („Im Nathanstift natürlich“) und wuchs im Ronhof auf. „Als Kind bin ich ständig bei der Spielvereinigung durch den Zaun geschlupft und schnell zum besten Platz gelaufen.“ Wo war der? „An der Anzeigentafel oder auf den Bäumen.“ Die Wochenenden verbrachte Ulrich im Sommer meist bei den Eltern, die in der weiteren Umgebung mit dem Geschäft auf einem Fest standen.

„Das war schon toll, dieSchaustellerkinder waren dann immer alle zusammen unterwegs, jeder kannte einen.“ Klar, dass er überall einsteigen und mitfahren durfte.Wichtig aber auch: „Damals wurden viele Freundschaften geschlossen, das macht’s heute oft leichter.“ Ob er je auf die Idee kam, einen anderen Beruf zu ergreifen? Joachim Ulrich schüttelt energisch den Kopf. Ausgeschlossen. Direkt nach dem Abschluss auf der staatlichen Realschule in Fürth, der heutigen Ullstein-Schule, stieg er mit 16 ins Berufsleben ein: „Mein Vater war Elektromaschinenbauer, mein Opa Kunstschreiner.

Von beiden habe ich das Beste aus ihren Bereichen gelernt“, erinnert sich Ulrich und fügt hinzu: „Ich hab‘ eine harte Schule durchgemacht.“ Seit 1991 ist er selbstständig. Längst sind Sohn Marco (34) und Tochter Janine (30) auch aktiv. „Schausteller zu werden, das ist wie ein Virus“, sagt der Vater lachend und lässt keinen Zweifel daran, dass ihm seine Aufgabe nach wie vor behagt. Auch weil man „sein eigener Herr ist“. Gleichförmig wird sein Job ohnehin nie. „Man muss sich um so viele Sachen kümmern und rund um die Uhr präsent sein.“

Die Arbeitsteilung zwischen ihm und seiner Frau beschreibt er so: „Ich bin mehr für die Hardware zuständig, die Software – also Büro und so weiter – macht sie.“ Nach wie vor ist die Kärwa in seiner Heimatstadt etwas ganz Besonderes für ihn und das nicht nur, weil sie das Saisonende einläutet. Als „echtem Fürther“ liegt Ulrich die Tradition ebenso wie die Zukunft der Michaelis-Kirchweih am Herzen, seit mehr als 20 Jahren engagiert er sich deshalb mit Schaustellerkollegen im Werbeteam: „Wir begleiten die Veranstaltung, stehen der Stadt zur Seite.“

Im Fokus ist dabei auch der Charakter der Festtage: „Wir haben ja keine Bierzelte, damit kommen automatisch andere Besucher zu uns.“ Angezogen werden viele Familien, Eltern, Kinder, Großeltern. „Wir sind ja gerade kein Ballermann, daran orientieren wir bei unseren Planungen.“ Viele Ideen wurden bereits realisiert.Da ist etwa das Kärwa-Tor,das – einem historischen Vorbild entsprechend – nun wieder am Königsplatz die Besucher stilvoll empfängt.„Ich bin aber noch nie groß auf eine unserer Aktionen angesprochen worden“, erinnert er sich. In diesem Jahr ist das anders.„Da machen wir einen Walk-Act für die Kleinen und auf einmal wird überall diskutiert.“

Das Schaf polarisiert

Die Aufmerksamkeit gilt Betzi bzw. Kärwa-Betzila (die FN berichteten). Das neue Maskottchen, das gerade seinen Einstand gibt, bummelt im Dirndl durch die Straßen und freut sich, wenn Kinder sich mit ihm fotografieren lassen. Dass ausgerechnet über diese Premiere so viel und kontrovers gesprochen wird, hätte Ulrich nicht gedacht: „Wir organisieren doch auch zum ersten Mal seit langer Zeit als Highlight wieder eine Hochzeitslotterie.“ Für ihn zählt aber vor allem eines: „Die Leute sollen sich auf der Kärwa wohlfühlen und gut unterhalten werden.“ Und er selbst? Was gönnt er sich während dieser arbeitsintensiven Tage? Joachim Ulrich zögert einen Moment und verrät schmunzelnd: „Ich ess’ gern mal ein Schaschlik.“ 

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