Ungewöhnliche Gäste am Langenzenner Storchennest

15.6.2014, 13:00 Uhr
Ungewöhnliche Gäste am Langenzenner Storchennest

© Ilona Kriesl

Starr, vollkommen regungslos liegen die drei Jungstörche im Nest. Sie drücken sich in das Moos und die Daunen, eine instinktive Reaktion auf das, was ihnen gleich bevorsteht. Erwin Taube, ein Mitarbeiter des Landesbundes für Vogelschutz (LBV), dreht die Jungen behutsam auf die Seite, und befestigt eine runde Plastikklammer oberhalb ihres Fußgelenks. Jedes Tier bekommt so seine eigene, unverwechselbare Identifikationsnummer: Die Langenzenner Jungtiere tragen nun die Ziffern AN168, AN169, AN170 und das Kürzel „DER“. Es steht für die Vogelwarte „Deutschland-Europa-Radolfzell“, wo die Jungen ab sofort gemeldet sind.

Perfekter Zeitpunkt

Nach fünf Minuten setzt sich die Hebebühne surrend in Bewegung, es geht wieder nach unten. Das Team um Erwin Taube kann aufatmen: Die Aktion verlief vollkommen problemlos, nicht einmal die Altvögel, die noch immer auf Nahrungssuche sind, scheinen etwas mitbekommen zu haben. „Wir haben wohl den richtigen Zeitpunkt erwischt“, erklärt Ulrike Ringel vom Naturamt der Stadt. Sind die Jungtiere noch zu klein, besteht die Gefahr, dass die Kunststoffringe an den Beinen abrutschen. Ältere Tiere flüchten bei der Beringung oft vor Schreck aus dem Nest – und landen dann in Dachrinnen oder auf dem Boden.

Auch Kurt Sellner, ehemaliger Vorstand des Heimatvereins und mittlerweile Hobby-Ornithologe, freut sich über die geglückte Aktion. Vom Turm der Stadtkirche aus hat er die Beringung mit seiner Kamera gefilmt. Seit die Küken vor einigen Wochen geschlüpft sind, ist das obere Stockwerk des Turmes zu seinem „zweiten Wohnzimmer“ geworden. Einmal in der Woche steigt er nach oben, filmt, fotografiert – und dokumentiert so die Fortschritte in der Entwicklung der Tiere. „Ein Junges ist größer, vitaler als die anderen beiden“, weiß Kurt Sellner. „Über dem Berg“, so meint er, „sind aber wohl alle drei.“

Diese Meinung teilt Erwin Taube, der Experte des LBV: „Die Jungtiere sind heuer allgemein in einem guten Zustand. Das wird ein richtiges Storchenjahr.“ Selbst die andauernde Hitze der letzten Tage könne dem einzigen gemeldeten Storchennachwuchs im Fürther Landkreis kaum etwas anhaben. Die Altvögel wissen dann, was zu tun ist: Sie spannen ihre Flügel weit auf und spenden Schatten für die Kleinen. Die Storcheneltern lassen auch heute nicht lange auf sich warten. Wenige Minuten, nachdem das Team um Erwin Taube wieder festen Boden unter den Füßen hat, kreist ein Storch um das Nest und landet schließlich auf dem Horst. Er hat Fressen mitgebracht. Bei diesem Anblick gibt es für die Jungen kein Halten mehr: Sie richten sich auf, flattern mit ihren Flügeln und machen sich über das Futter her – der Stress über die ungebetenen Gäste scheint da längst wieder vergessen zu sein.

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