Urs Widmer widerfährt posthume Ehre

24.4.2014, 11:00 Uhr
Urs Widmer widerfährt posthume Ehre

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Nach dem Tod des Schweizer Schriftstellers war zunächst offen, ob der mit 10000 Euro höchstdotierte Preis der Kleeblattstadt vergeben wird und in welcher Form eine etwaige Preisverleihung stattfinden soll. Widmer bleibe der Preisträger, erklärte Stadtsprecherin Susanne Kramer auf FN-Anfrage; er sei vor seinem Ableben über die Ehrung informiert worden, zudem gebe es den entsprechenden Stadtratsbeschluss.

Dessen ungeachtet bleibt das Stadttheater, bis dato Schauplatz aller Wassermann-Preisverleihzeremonien, am 18. Mai um 11 Uhr geschlossen. Anstelle des Festaktes wird es, ebenfalls ab 11 Uhr und ebenfalls bei freiem Eintritt, eine öffentliche Lesung aus Urs Widmers Autobiografie „Reise an den Rand des Universums“ geben. Im Kulturforum liest Christoph Grube, Sprecher und Dozent für Komparatistik an der TU Chemnitz.

Voraussichtlich am 2. Juni ist eine nicht-öffentliche Preisübergabe an einen Vertreter des Diogenes-Verlages im Sitzungssaal des Rathauses vorgesehen. „Wer den Preis entgegennehmen wird, ist derzeit noch nicht spruchreif“, äußerte gestern eine Sprecherin des Zürcher Verlagshauses; dies lässt den Rückschluss zu, dass entgegen anfänglicher Spekulationen Widmers Ehefrau May — die beiden waren über 50 Jahre lang zusammen und haben eine Tochter — Preis und Urkunde nicht persönlich in Empfang nehmen wird.

Der Schriftsteller, Dramatiker und Hörspielautor Urs Widmer, von Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki als „Weltliterat“ bezeichnet, starb am 2. April nach schwerer Krankheit in Zürich, er wurde 75 Jahre alt. Seine Karriere begann 1968 mit der Erzählung „Alois“, der Durchbruch gelang ihm 2000 mit „Der Geliebte der Mutter“. Im vergangenen Herbst legte der Basler mit „Reise an den Rand des Universums“ eine Autobiografie vor, über die er aber sagte: „Kein Schriftsteller, der bei Trost ist, schreibt eine Autobiografie. Denn eine Autobiografie ist das letzte Buch.“ Für dieses Werk — und tatsächlich sein letztes Buch — erhielt Widmer im Januar den Schweizer Literaturpreis 2014.

Die Entgegennahme des Wassermann-Literaturpreises war ihm hingegen nicht mehr vergönnt. Der Preis wurde 1996 erstmals vergeben (an Edgar Hilsenrath), bis 2002 im Drei-, seitdem im Zwei-Jahres-Turnus. Widmer ist der zehnte Preisträger, er folgt dem östereichischen Romancier Gerhard Roth nach.

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