Verflixte Schule? Wie Scheitern zur Chance wird

28.7.2017, 16:00 Uhr
Verflixte Schule? Wie Scheitern zur Chance wird

© Foto: Pfrogner

Französisch war das Fach, das Jermaine Okoro zum Verhängnis wurde. Bereits einmal hatte er die zehnte Klasse am Hardenberg-Gymnasium wiederholt, als ihm die Fremdsprache erneut einen Strich durch die Rechnung machte. Das Dumme daran: Öfter als zweimal darf man eine Klasse nicht besuchen; Okoro musste das Gymnasium verlassen.

Wie es mit ihm weitergehen sollte, war anfangs auch nicht klar. Zwar führte er ein Gespräch mit einer Beratungslehrerin, doch weil auch sie wenig Hilfe anbieten konnte, wurde er selbst aktiv. Schließlich stand fest, dass er an einer Mittelschule versuchen würde, die Mittlere Reife zu bestehen. An der ersten Mittelschule nahm man ihn nicht auf. Mehr oder weniger zufällig landeten er und zwei ehemalige Klassenkameraden mit ähnlichem Schicksal an der Soldnerschule. Dort hatten sie sich am letzten Schultag vor den Sommerferien vorgestellt und eine Zusage erhalten.

"Ein Glück, dass die Schüler ihr Schicksal selbst in die Hand genommen haben", findet Dagmar Hirschmann. Leicht hätten die drei auch aufgeben und dann komplett abstürzen können, gibt die Lehrerin zu bedenken, in deren Klasse die drei Ex-Gymnasiasten unterkamen. Hirschmann nahm sich ihrer nicht nur im Unterricht an, sie half ihnen auch in ihrer Funktion als Beratungslehrerin, ihre weitere Schullaufbahn zu planen.

Danach platzte bei Jermaine Okoro recht schnell der Knoten. Ganz offen erzählt er, dass er natürlich mit etlichen Vorbehalten an die Mittelschule gewechselt ist. Auch mit den Frotzeleien seiner früheren Mitschüler musste er sich auseinandersetzen. Am Anfang habe es ihn schon getroffen, wenn sie ihn abfällig als "Hauptschüler" bezeichnet haben. "Da war ich selbst noch nicht stark."

Gute Erfahrungen gemacht

Inzwischen möchte er all die Erfahrungen, die er in einem Jahr an der Soldnerschule gemacht hat, nicht mehr missen. Nicht nur, weil er jetzt das Zeugnis über die Mittlere Reife mit einem Notendurchschnitt von 1,3 in der Tasche hat. Er ist auch reifer geworden, motivierter und selbstbewusster. Dabei haben ihm interessanterweise Dinge geholfen, die er vom Gymnasium so nicht kannte. Etwa die freie Stillarbeit. Das sind sechs Stunden pro Woche, in denen die Schüler Aufgaben in bestimmten Fächern erledigen. Zwei Lehrer stehen für Fragen bereit. "Dabei habe ich zum ersten Mal gelernt, zu lernen", sagt Okoro. Weil er einen Teil seiner Hausaufgaben schon dort erledigt hatte, blieb ihm daheim Zeit, etwas zu vertiefen. "Am Gymnasium habe ich immer erst kurz vor der Schulaufgabe gepaukt."

Außerdem habe er gemerkt, dass er sich ändern muss, um weiterzukommen. Früher, so erzählt der 17-Jährige, sei er oft der Klassenclown gewesen, habe sich schlecht verhalten und nicht aufgepasst. Geholfen, sich zu ändern, habe ihm der so genannte Trainingsraum. Dorthin müssen Schüler an der Soldnerschule, wenn sie wiederholt den Unterricht gestört haben, um über ihr Fehlverhalten nachzudenken. Zeigen sie Reue, dürfen sie ins Klassenzimmer zurück.

Kontakte zu seinen neuen Mitschülern zu knüpfen, sei ihm leicht gefallen. "Die waren viel aufgeschlossener als am Gymnasium", sagt Okoro. Schön fand er, schnell mit ihnen ins Gespräch gekommen zu sein, weil sich in der ersten Stunde alle Schüler kurz persönlich bei ihm vorgestellt haben.

Im September wird er wieder in eine Menge neuer Gesichter schauen. Dann nämlich beginnt er an der Fachoberschule, doch noch sein Abi nachzuholen. In drei Jahren will er das geschafft haben. Auch dem unliebsamen Fach Französisch will Okoro eine weitere Chance geben. Mit der Fremdsprache hat er nämlich die Möglichkeit, doch noch die Allgemeine Hochschulreife zu bekommen.

Wer ein ähnliches Schicksal hat wie Jermaine Okoro, dem empfiehlt Beratungslehrerin Dagmar Hirschmann, sich noch heute oder im Lauf der kommenden Woche an die zuständige Sprengelschule zu wenden, damit diese ihn aufnimmt.

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