Vergebliche Suche nach Leihfahrrädern in Fürth

17.1.2018, 16:00 Uhr
Vergebliche Suche nach Leihfahrrädern in Fürth

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Aufhorchen ließ in der städtischen Verkehrsplanung vor wenigen Wochen der Vorstoß eines in Düsseldorf engagierten Fahrradverleihers. Er will in Fürth auf eigene Kosten und in Eigenregie eine E-Bike-Flotte zur Verfügung stellen. Der kommunale Verkehrsplaner Matthias Bohlinger meint allerdings: "Es klingt zu gut, um wahr zu sein." Seine Skepsis teilt auch der Fürther Fahrradhändler Bernd Adamski. Im Freien geparkte E-Bikes funktionieren seiner Erfahrung nach bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt nämlich nicht mehr zufriedenstellend.

Adamski kennt sich mit dieser Materie aus, schließlich hat er selbst eigene Leihfahrräder der Marke eFlow entwickelt. Jeweils 500 Modelle ohne Elektroantrieb lieferte er kürzlich an die Nachbarstädte Mainz und Wiesbaden aus, wo sie von den kommunalen Verkehrsbetrieben zur Ergänzung des Personennahverkehrs angeboten werden.

Im Sinne einer ganzheitlichen Mobilität werden auch im Verkehrsbetrieb der infra Fürth schon Überlegungen angestellt, einen Fahrradverleih in das bestehende Angebot zu integrieren. Wie Geschäftsbereichsleiter Klaus Dieregsweiler auf Anfrage der FN erläutert, denke man über ein Angebot für Abo-Kunden an festen Stationen nach. Und weil die infra auch Strom vermarktet, hält Dieregsweiler eine Mischung aus herkömmlichen Rädern und E-Bikes für sinnvoll. Ob es ein Gratisangebot werden soll, oder eine geringe Gebühr erhoben wird, stehe noch nicht fest.

Hohen Bedarf an Leihfahrrädern sieht Grünen-Stadtrat Harald Riedel als Pfleger des Radverkehrs in Fürth. Feste Standorte für den Fahrradverleih an Verkehrsknotenpunkten von Bus und Bahn zieht auch er einer standortungebundenen Ausleihe vor. In erster Linie denkt er allerdings an Lastenräder, wie sie beispielsweise in Erlangen gemietet werden können. Den touristischen Bedarf an flexibler Fortbewegung mit Muskelkraft ohne Parkprobleme schätzt er in der Kleeblattstadt eher gering ein. Und die heimischen Alltagsradler verfügen seiner Ansicht nach über eigene Drahtesel.

Einen Vorstoß für das Angebot von Lasten-Leihfahrrädern in Fürth unternimmt jetzt der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club (ADFC). Der Fürther Leiter des Medienzentrums Connect, Florian Friedrich, und dessen bei elan engagierte Ehefrau Alexandra Pashalidis haben der Organisation ihr Hochzeitsgeschenk zur Verfügung gestellt: ein Lastendreirad, das beim Fahrradhändler Velomondial in der Gebhardtstraße stationiert ist und ab Frühjahr ausgeliehen werden kann.

Beispiel geben

"Uns liegt das Thema Radfahren in der Stadt am Herzen und wir wollten es in Fürth ein wenig voranbringen", begründet Friedrich die großzügige Geste. Er hofft freilich, dass sein Beispiel Schule macht. Stefan Fürst von Velomondial denkt daran, auch andere Fürther Fahrradgeschäfte am Verleih zu beteiligen.

Einer Privatinitiative ist auch im Fürther Landkreis das Etablieren eines Fahrradverleihs zu verdanken. Allerdings handelt es sich um ein räumlich begrenztes Angebot. In Zirndorf bietet das Ringhotel Reubel zehn Leihräder an – darunter auch E-Bikes, ein viersitziges Tretmobil, eine Rikscha und ein sogenanntes Känguru-Rad mit Kindersitz vor dem Lenker. Das Angebot wird nach Angaben einer Hotelsprecherin gut angenommen. Reichtümer könne man damit allerdings nicht verdienen. Die Rikscha sei vor allem bei Hochzeiten im Einsatz, am kommenden Wochenende aber auch bei einer Faschingsveranstaltung der Steiner Schlossgeister.

Erfahrungen mit Leihfahrrädern hat Fürth bereits 2008 und 2009 gesammelt. Bevor Fördermittel des Bundesverkehrsministeriums für das Projekt Norisbike zur Verlagerung des Angebots nach Nürnberg führten, war das Leipziger Unternehmen Nextbike in der Kleeblattstadt engagiert. 25 robuste Räder hatte es am Rathaus, beim Stadttheater und am Bahnhofplatz postiert. Sie sind durchweg vor Diebstahl und Vandalismus verschont geblieben. Sogar die Kirchweih und andere Großveranstaltungen haben sie unbeschadet überstanden. Als Eintagsfliege entpuppte sich 2015 der Vorstoß eines spanischen Anbieters zum Aufbau eines E-Bike-Verleihsystems in Fürth.

Kein Schrottproblem

Doch jedes Defizit kann auch positive Seiten haben: So blieb die Kleeblattstadt bislang immerhin vor den Auswüchsen des Geschäftszweigs verschont. Schrottplatzcharakter haben viele Bereiche etwa in München bekommen, seitdem ein Leihfahrradanbieter aus Singapur haufenweise Billigbikes in der Landeshauptstadt verteilt. An keinen festen Standort gebunden, werden sie überall dort abgestellt, wo es den Nutzern gerade passt. Und weil sie trotz ihrer Vollgummireifen und dem Fehlen einer Gangschaltung offensichtlich leicht kaputt gehen, enden sie vielfach als nicht mehr fahrtaugliche Ruinen am Wegesrand und in Grünanlagen.

Weil das den Unmut der Anwohner heraufbeschwor, haben Städte wie Zürich die gelben Billigräder mit der laut Anbieter "smartesten Bike-Sharing App der Welt" bereits konfiziert. Dass es dem Anbieter nur um die persönlichen Daten der Ausleiher geht, davon ist Bernd Adamski überzeugt. Die Ausleihe funktioniert heute allgemein über eine Smartphone-App. Das ist zwar praktisch, verrät aber dem Anbieter im Fall von nicht standortgebundenen Verleihsystemen über GPS auch die Aufenthaltsgewohnheiten der Nutzer, was Rückschlüsse auf dessen Konsumverhalten erlaubt. Letzteres ist für Werbefirmen von besonderem Interesse.

1 Kommentar