Verwelkte Jugend

6.5.2016, 12:00 Uhr
Verwelkte Jugend

© Foto: Salzburg Ballett/Christina Canaval

Los geht’s mit einem Jüngling, der in Papas Plattensammlung wühlt. Komische Dinger sind diese alten Schallplatten, riesig im Vergleich zu den CDs. Aber schöne große Cover haben sie. Erst gestern soll das gewesen sein, „Yesterday“? Aber für Sentimentalität ist (noch) kein Platz, jetzt entführen bunt kostümierte Tänzer und Balletteusen den Jüngling in die „Magical Mystery Tour“, in eine Zeitreise zu den Sechzigern, zu einem Lebensgefühl, als alles möglich schien, zu „Back in the USSR“ selbst ultrastramme Komsomolzen abrockten und in „Penny Lane“ die Straße wie ein offenes Wohnzimmer anmutete.

Natürlich kommt die Musik vom Band, wir hören die Beatles pur in all ihrer akustischen Pracht, Glorie und Experimentierfreude der zweiten Hälfte ihrer Karriere. Den Löwenanteil bestreitet das „Weiße Album“, die Tanzakte illustrieren die Geschichten, die in den Songs erzählen.

Ein paar Konstanten finden sich immer und überall: Liebe und Liebeskummer, Eifersucht und Konkurrenzkampf, wie es jedes Ballett ausdrückt. Da gibt es die gelingende Harmonie zu dritt, wenn „Dear Prudence“ gleich beiden Verehrern ihre Gunst gewährt, da schleppt zur Sitar von „Within you, without you“ der Guru gleich drei Jüngerinnen ab. Manchmal gibt es auch kalkulierte Brüche und Widersprüche: Da turtelt ein Jüngling mit „Michelle“, während zu den letzten Takten ihr ausgespannter Vorgänger auftaucht, der sodann zu „Yer Blues“ eine Rumpelstilzchen-Einlage gibt. Oder wenn nach einer buntkostümierten Ensemblenummer ein Junge und ein Mädchen ganz in Weiß zueinanderfinden, während John Lennon über seine Mutter „Julia“ sinniert. Oder in einem Solo eine geknickte Seele zu „Blackbird“ sich wieder aufrichtet.

Auch wenn die Songs und ihre Gestaltung höchst unterschiedliche Geschichten erzählen, versucht Choreograf Peter Breuer so etwas wie eine übergreifende Dramaturgie zu gestalten und möglichst fließende Anschlüsse zwischen den einzelnen Nummern herzustellen. Dummerweise gehen diese Anschlüsse durch die Frühklatscher, die jede Nummer schon bei den letzten Takten bejubeln, zunichte. Besonders arg stört der vorzeitige Applaus bei „Blackbird“, einer intimen Ballade, die nach zwei Dritteln eine Kunstpause einlegt, bevor die dritte Strophe anhebt. Ach Leute, sitzen die Songs tatsächlich nicht mehr so fest im Innenohr?

Übrigens ist die Jugend von heute irgendwo, nur nicht im Stadttheater. Dort sitzen in Ehren ergraute Damen und Herren, summen die Melodien mit und sinnieren ihren jungen Jahren hinterher. Direkt melancholisch könnte man darüber werden. Aber auch dafür gibt es eine Umsetzung: Zu „When I’m Sixty-Four“ tanzt vorne ein junges Paar in der Blüte seiner Jugend, während im Hintergrund ein gliedersteifes Pärchen sich abmüht, alle Bewegungen zu kopieren. Und wer sagt denn, dass die Liebe mit dem Alter aufhört?

Weitere Termine: 12./13. Mai, jeweils 19.30 Uhr. Tickets (11-40 Euro) unter Tel. 2 16 27 77.

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