VHS Fürth: „Wir sind ein Glücksfall für die Politik“

30.7.2015, 21:00 Uhr
VHS Fürth: „Wir sind ein Glücksfall für die Politik“

© Foto: Hans-Joachim Winkler

Herr Cunningham, Sie sind ja gebürtiger Nordire. Was hat Sie nach Deutschland verschlagen?

David Cunningham: Ich habe mich als Kind schon immer für Deutschland interessiert. Nach der Schule habe ich dann in Nordirland Germanistik studiert und konnte für ein Auslandsjahr nach Erlangen gehen. Dort war ich am Ohm-Gymnasium Sprachassistent und habe Englisch unterrichtet. Danach bin ich kurz zurück nach Nordirland, habe dann aber wieder eine Stelle in Erlangen bekommen.

Und wie sind Sie dann zur VHS nach Fürth gekommen?

Cunningham: Die Stelle in Erlangen war nur auf ein Jahr befristet. In einer Wochenendausgabe der Fürther Nachrichten habe ich dann eine Stellenanzeige als Fachbereichsleiter Sprachen bei der VHS Fürth gelesen. Ich war zwar erst 24 Jahre alt, habe mich aber trotzdem beworben und wurde genommen.

Welche Sprachen waren denn in Fürth in den 1980er Jahren beliebt?

Cunningham: Englisch war die Sprache Nummer eins für die Fürther, gefolgt von Französisch. Auf Platz drei war Deutsch, schon damals wollten viele Einwanderer ihre Kenntnisse verbessern.

Und welche Sprache lernen die Fürther heute?

Cunningham: Vom Umfang der Stunden her wird am meisten Deutsch gelernt, vor allem in den Integrationskursen für die neuen Zuwanderer. Englisch liegt auf Platz zwei, viele Schüler kommen zu uns, weil sie es im Beruf brauchen. Danach folgen Spanisch, Italienisch und Französisch, wahrscheinlich für den Urlaub.

Gibt es auch exotische Sprachen an der Volkshochschule?

Cunningham: Wir bieten schon länger Chinesisch oder Japanisch an. Und es werden mehr: Ein Ehepaar aus dem irakischen Bagdad, das voll integriert ist, kam mit der Idee zu uns, Arabisch zu unterrichten. Für das nächste Halbjahr ist sogar ein Koreanisch-Kurs geplant.

Es werden also immer wieder neue und andere Sprachen angeboten. Was war denn ansonsten der größte Umbruch während Ihrer Zeit an der Volkshochschule?

Cunningham: Wir sind immer die Entwicklungen in der Gesellschaft mitgegangen. Als die ersten Computer auf dem Markt waren, wollten alle EDV-Kurse belegen. Das ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen. In den 80ern und 90ern kamen Spätaussiedler und Flüchtlinge aus dem Balkan nach Deutschland, für die hatten wir auch Angebote.

Die VHS hatte damals ja nur einen Seminarraum in der Blumenstraße . . .

Cunningham: . . . und später waren wir noch in der Schirmstraße. Mein Vorgänger Helmut Kestner hat den Umzug in ein eigenes, großes Gebäude sehr vorangetrieben, seit 1998 haben wir endlich genügend Platz in der Hirschenstraße.

Was wird von Ihnen an der VHS in Erinnerung bleiben?

Cunningham: Ich habe die Zertifizierung nach dem EFQM-Standard mit begleitet (siehe Kasten rechts). So konnten wir mehr Fördermittel beantragen. Außerdem haben wir, besonders mein Nachfolger Felice Balletta, viele Projekte zum Thema Integration gestartet. Unsere Vorkenntnisse zu diesem Thema sind jetzt ein Glücksfall für die Politik. Wir haben bereits vor zehn Jahren Strukturen geschaffen, um Migranten in Deutschland zu integrieren.

Haben Sie eigentlich selbst Kurse an der VHS belegt?

Cunningham: Ja, zwei sogar! Einmal war ich im autogenen Training, ein anderes Mal habe ich Italienisch gelernt. Das ist aber schon lange her. Im Ruhestand habe ich ja jetzt Zeit, fließend Italienisch zu lernen.

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