Viel Arbeit, wenig Einkommen im Stall

10.1.2015, 13:00 Uhr
Viel Arbeit, wenig Einkommen im Stall

© Foto: Kevin Ebert

Fabian Ultsch (19) füttert die Schafe – manchmal. „Wenn meine Großeltern im Urlaub sind, mach’ ich das.“ Er steht in der kleinen Herde mit Körnerfutter in der Hand. Sechs Schafe drängeln sich um das Kraftfutter und schubsen sich gegenseitig weg. „Ich finde es gut, dass ich mit einem Bauernhof aufgewachsen bin, aber ich selbst möchte kein Bauer sein. Man verdient einfach nicht genug“, sagt Fabian, der sich zum Industrie-Technologen ausbilden lässt.

Der Hof in Retzelfembach gehört seinen Großeltern Georg Egelseer (73) und dessen Frau Anneliese (63). Bis auf die Schafe, etwa 30 Hühner und einige Tauben gibt es keine Tiere mehr. Auch die Feldwirtschaft haben Georg und Anneliese eingestellt. „2006 haben wir die Kühe verkauft, 2012 habe ich das letzte Mal gedroschen“, sagt Georg Egelseer. Sein Hof stirbt.

Die Söhne Thomas und Stefan haben sich beide gegen das Leben als Bauer entschieden. Thomas (45) machte lieber eine Ausbildung zum Schmied, Stefan zum Schreiner. „Wir haben die Entscheidung den Kindern überlassen“, sagt Anneliese. „Auch wenn wir uns schon gewünscht hätten, dass der Hof weitergeführt wird.“ Sie will niemandem einen Vorwurf machen. Dennoch fiel es ihr nicht leicht, die Entscheidung ihrer beiden Söhne zu akzeptieren.

Deutschlandweit haben Bauernhöfe Probleme bei der Hof-Nachfolge. Laut dem Situationsbericht 13/14 des deutschen Bauernverbandes (DBV) war bei der letzten Befragung aus dem Jahr 2010 gerade mal bei 31 Prozent der Betriebe die Frage nach dem Nachfolger geklärt. Die Gründe, warum die Nachkommen den Bauernhof nicht übernehmen wollen, sind verschieden.

Wie so oft, spielt das Geld eine große Rolle, denn ein kleiner Hof mit 22 Hektar — wie der von Georg und Anneliese Egelseer – ist häufig unrentabel. „Das größte Problem sind aber Generationen-Probleme, also wenn es Streitigkeiten zwischen den Eltern und den Nachkommen gibt. Dann hat eine Hofübergabe eigentlich keine Chance“, sagt Thomas Zehnter vom Bayerischen Bauernverband (BBV) in Nürnberg.

Bei Familie Egelseer gibt es keinen Streit; Sohn Thomas steht im ehemaligen Schweinestall und repariert den alten Traktor. Stefan hat sich als Schreiner selbstständig gemacht, im alten Kuhstall ist nun seine Schreinerei eingerichtet. Trotzdem: die alten Zeiten, in denen es hier noch gegrunzt und gemuht hat, sind allen präsent.

„Das Schlimmste für mich ist, dass ich derjenige bin, der den Hof aufgibt“, sagt Georg Egelseer. Er sah sich in der Verantwortung, den Betrieb weiterzugeben. Es hat nicht geklappt. „Es fällt ihm schwer, das aufzugeben“, sagt Anneliese. Seit 1807 ist der Hof im Besitz der Familie. Georg Egelseer ist die sechste Generation — und die letzte Generation. Früher waren es in Retzelfembach, das auch heute noch als „Bauerndorf“ bezeichnet wird, 30 Milchlieferanten. Heute ist es nur noch ein Einziger.

Doch es geht auch anders: Michael Müdsam (40) und seine Frau Katrin (36) stehen in ihrem Stall-Rohbau in Kreppendorf. Nur Beton, noch kein Heu, keine Kuh, kein Dreck. Der neue Laufstall ist im Entstehen. „Bald haben wir dann 60 Tiere“, erklärt Michael Müdsam. Er hat den Hof, der seit zirka 1750 existiert, von seinen Eltern übernommen, die noch hier wohnen und mit anpacken. Nach der zehnten Klasse hat Michael das Gymnasium verlassen, um eine Fachschul-Ausbildung zum Landwirt zu machen. „Ich habe natürlich als Kind schon auf dem Hof geholfen, ich glaube, anders wird das auch nichts“, sagt er. „Wenn man den Bauernhof nicht als Teil seines Lebens sieht, sollte man keinen Bauernhof übernehmen“.

Seine Frau Katrin kommt nicht aus einer Bauernfamilie, sie ist gelernte Bürokauffrau. Als sie Michael geheiratet hat, hat sie sich nicht nur für ihren Mann entschieden. „Das war auch eine Entscheidung für ein anderes Leben, für das Leben als Bäuerin“, sagt sie. Ihr gemeinsamer Sohn ist zehn Jahre alt und kommt jetzt in die fünfte Klasse. „Man kann das jetzt noch nicht sagen, der Bub ist grad’ mal zehn. Aber der Plan ist, dass er mal den Hof übernimmt“, sagt der Vater. „Zumindest wünsch’ ich mir das.“

425 Höfe im Landkreis

Generell sieht es für viele Fürther Bauern gar nicht so schlecht aus. 2013 gab es laut dem Agrarbericht des BBV 425 Bauernhöfe im Landkreis und in der Stadt Fürth. Im Vergleich zu 2010 ist die Anzahl der Höfe um 4,7 Prozent zurückgegangen. Pro Jahr schrumpft der Bauernhofbestand hierzulande um etwa ein Prozent.

„Es ist ein historisch niedriger Wert“, erklärt Siegfried Tiefel, der BBV-Kreisobmann für den Landkreis Fürth. Das Hofsterben trifft ihm zufolge vor allem Nebenerwerbsbetriebe und kleine Höfe: „Sie bieten wenig wirtschaftlichen Erfolg, doch versprechen viel Arbeit.“ Nebenerwerbshöfe, so Tiefels Prognose, werden anteilig zurückgehen. „Andererseits hat der Haupterwerb in Fürth angesichts eines geeigneten Umfeldes und einer für Franken guten Betriebsstruktur aussichtsreiche Zukunftschancen“, glaubt er.

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