Vokalartistik mit Augenzwinkern

28.6.2017, 21:00 Uhr
Vokalartistik mit Augenzwinkern

© Foto: Heinz Wraneschitz

"Max und Moritz" eignen sich vorzüglich zum Vorlesen. Mal mit pädagogischem Zeigefinger, mal mit klammheimlicher Schadenfreude. Aber kann man die Moritat von den bösen Buben auch vorsingen? Singer Pur tun es, wenn auch nur fragmentarisch.

Sie beschränken sich in der Vertonung von Wolf Kerschek auf den dritten und siebten Streich. Und Wilhelm Buschs Versrhythmik lädt zu höchst vertrackten und komplexen Verschachtelungen ein, denen sich Sopran, Bass, Bariton und die drei Tenöre mit Hingabe widmen. So, wenn Schneider Böck getriezt wird, und die sabotierte Brücke bricht. Oder wenn das Mahlwerk – Rickeracke – die Schurken zerstückelt.

Mit dem essenziell deutschen Weltkulturerbe "Max und Moritz" als Einstieg haben Singer Pur ihr Publikum komplett auf ihrer Seite. Der Rest scheint ein Kinderspiel. Doch was da so leicht und mühelos klingt, ist die Frucht einer langen und diffizilen Ausbildung. Die Sänger haben ihre Kunst bei den Regensburger Domspatzen erlernt, seit 25 Jahren touren sie als Ensemble und haben sich ein enorm hohes Niveau erarbeitet.

Das beinhaltet auch Lieder in englischer, schwedischer und französischer Sprache, die ebenfalls kein Angebot zur Lautmalerei – Ta ri ra ri ra pon pon pon – auslassen. Das umfasst burleske Weisen wie meditative Madrigale und Rückgriffe auf das spätromantische Pathos.

Einen tief zu Herzen gehenden Höhepunkt des Abends markieren die "Wild Swans at Cole", die Vertonung eines Gedichts von William Butler Yeats durch Ivan Moody. Gleich zweimal ist Johannes Brahms vertreten, nämlich mit den selten gehörten "Mit Lust tät ich ausreiten" und "Darthulas Grabgesang". Letzteres ist als Morgengesang, als Weckruf und Frühlingsballade gestaltet, deren Emphase sich immer lebhafter und freudiger steigert – bis sie an der Tatsache, dass Darthula im Grabe liegt, verzagt und verstummt.

Auch die Amerikaner können den Deutschen gelegentlich in Sachen Volkslied das Wasser reichen. Das beweist das Traditional "Shenandoah" um die Liebe eines Trappers und einer Indianerin. Zum Schluss geht es handgreiflich zur Sache mit Irvin Berlins "Cheek to Cheek" oder Jim Croces "Bad Leroy Brown", worin ein Gangster eins auf die Nase bekommt. Und ganz zum Schluss bringen Singer Pur nochmal Brahms. Sein längst volkstümlich gewordenes "Wiegenlied", allerdings leicht modifiziert mit schrägen Tönen. Was der gute alte Johannes wohl dazu gesagt hätte?

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