Vom Schuhmacher zum Insektenhotelbauer

28.3.2015, 16:00 Uhr
Vom Schuhmacher zum Insektenhotelbauer

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Wenn der Heimatverein am Palmsonntag, 29. März, wieder Hunderte von Besuchern zum Ostereiermarkt von 10 bis 17 Uhr im Museumshof erwartet, hofft Schmidt, der an diesem Tag den historischen Holzbackofen bedient, dass ein paar von ihnen auch den Weg in den Schaugarten gleich nebenan finden. Die Pflanzen in den Beeten sprießen zwar erst in zarten Ansätzen, aber in dem dekorativen Kasten unter dem langen, schmalen Satteldach dahinter dürfte es bald rundgehen.

Das Insektenhotel steht hier seit Jahren, fast jeder Weg im Ort führt Schmidt, der in der Nachbarschaft wohnt, daran vorbei. So fiel ihm die Konstruktion ständig ins Auge, bis er ihren Zustand nicht mehr mit ansehen mochte: Die tragenden Kanthölzer waren angegraut, die Nistplätze zerrupft von Vögeln auf Futtersuche. So nahm er sich der Nisthilfe an und hat sie wieder hergerichtet. Und dabei gleich von einem Konstruktionsfehler befreit: Bisher hatte der fenstergroße Kasten keine Rückwand. „Aber Durchzug mögen Wildbienen gar nicht“, sagt Schmidt.

Jetzt sind die verschiedenen Nistangebote in Form von Baumscheiben mit Bohrlöchern, Bambusstäbchen oder mit Lehmstroh-Gemisch gefüllten Tonröhren wieder ausgebessert. Seitlich baumeln am Kopf stehende Tontöpfe mit welken Hortensienblüten, die vor allem Ohrenhöllerer als Unterschlupf schätzen. Für Schmidt ist der Bau solcher Angebote kein Hexenwerk, allerdings rät er, kein harziges Holz zu verwenden. Das Zielpublikum, sogenannte Hautflügler, mag’s warm. Eine Bruthöhle, in der Harz pappt, nützt ihnen nichts.

Ausgeflogen ist nach Schmidts Beobachtungen noch keine der Wildbienen, die als Larve in den von ihren Müttern mit Lehm verschlossenen Röhren überwintert haben. Im Gegensatz zu den Honigbienen, die an den ersten sonnigen Tagen bereits emsig nach Pollen suchten und Wasser für die Brut sammelten, machen sich die Wildbienen nach Schmidts Einschätzung in der Insektenherberge am Museumshof noch etwas rar.

Die Restaurierung des Bienenhotels am Museumshof ist nicht das erste Projekt dieser Art des früheren Schuhmachers. In seinem Hausgarten hat er eines eingerichtet, den Giebel des Gartenhauses an seiner Streuobstwiese hat er schon vor zwei Jahren mit Nisthilfen und Brutplätzen für Insekten bestückt. „Und wenn ich Zeit habe, stell‘ ich mich daneben und beobachte, was da fliegt.“ Faszinierend findet er es, wie das ganze Jahr über Flugverkehr herrscht oder jede einzelne Biene zielgerichtet ihre eigene Bruthölle in der Vielzahl an Löchern ansteuert. Und faszinierend findet er auch die Leistung, die die Wildbienen für die Natur erbringen. Nur wird die seines Erachtens noch verkannt.

Die meisten Menschen begegneten jedem Tier mit Stachel mit Misstrauen, dabei habe das herumsurrende Bienenweibchen gar keine Attacke im Sinn, sondern suche lediglich Nahrung für den Nachwuchs. Über 500 Wildbienenarten gibt es allein in Deutschland, sieben Prozent gelten bereits als ausgestorben, mehr als 230 Arten stehen auf der Roten Liste gefährdeter Arten.

In der flurbereinigten Landschaft, deren Nutzer dazu neigen, sie im Herbst sauber auszuräumen, finden Wildbienen, Schlupfwespen oder Hummeln kaum mehr natürliche Lebensräume wie Totholz, Trockenhalme oder Reisighaufen. Großflächige Monokulturen oder Pestizide zur Schädlingsbekämpfung tun ein übriges, um der Population zu schaden, dabei zeichneten sich speziell Schlupfwespen dadurch aus, dass sie Schädlinge fressen — also ganz biologisch bekämpfen.

Wildbienen, sagt Schmidt, fliegen häufiger zwischen den verschiedenen Blütenständen hin und her als Honigbienen, was den Fruchtertrag steigert. Abgesehen davon spornten sie auch die Honigbiene zu mehr Leistung an, indem sie sie beim Blütenbesuch stören. Das ist zwar nicht unbedingt die freundliche Art, hat aber zur Folge, dass auch die Honigbiene mehr Blüten ansteuern muss, um ihre Pollenhose an den Hinterbeinen zu füllen. Der Effekt: die Bestäubungsleistung insgesamt steigert sich.

Die Obstbäume in Schmidts Streuobstgarten haben vergangenes Jahr, der ersten Saison mit Insektenhotel, allerdings keinen besseren Ertrag geliefert, wie es eigentlich zu erwarten gewesen wäre. Das lag aber nicht an der sicherlich stärkeren Population von Wildbienen, wie Schmidt erklärt, sondern am Wetter. Die Obstbaumblüte hatte der Frost kalt erwischt. „Da kann dann selbst die Wildbiene nichts mehr ausrichten.“

Keine Kommentare