Von Eulen und Würsten

4.3.2014, 00:00 Uhr
Von Eulen und Würsten

© De Geare

Laut Küchentischverhaltensforschung verstehen sich Hund und Katze im Allgemeinen nur deshalb so schlecht, weil der eine die Sprache der anderen nicht richtig versteht. Schlimmer noch: Er missversteht sie. Wenn der Hund mit dem Schwanz wedelt, betrachtet die Katze das als Kampfansage. Anders herum kommt ihr Schnurren beim Hund als Knurren an und wird entsprechend pariert.

Für Nichtfranken ist das Fränkische oft missverständlich, was manchmal auch zu Komplikationen führt. Etwas verstörend ist es zum Beispiel, wenn der Erwerb von hundert Gramm Truthahnaufschnitt mit „ka Wunna dass’d su a Zibala bisd“ kommentiert wird. Was, fragt man sich, bringt die dralle Dame hinterm Tresen dazu, dich als Zwiebel zu bezeichnen? Mag sie keinen Truthahnaufschnitt, oder hält sie Geflügelwurstkäufer generell für Zwiebeln?

Überhaupt die Metzgereien. Kaum irgendwo macht sich die Sprachkluft zwischen Franken und Nichtfranken so breit wie in einem Fachgeschäft für Wurst- und Fleischwaren. Nehmen wir nur mal die Rohwurst, die es in Norddeutschland gar nicht gibt, sehr wohl aber den damit gemeinten Aufschnitt.

Nur dass der an der Waterkant je nach Härtegrad Salami oder Mettwurst heißt, deren streichbare Variante logischerweise eine Streichmettwurst ist. Wienerle verzehrt man im Norden als Knackwürstchen, Bratwurschtg’häck als Mett und Gelbwurstaufschnitt überhaupt nicht, weil man die bleichen Scheiben für Bierdeckel hält.

Missverständnisse zwischen Nord und Süd auch in der Bäckerei, was schon bei den Semmeln losgeht. So kommt die fränkische Kaisersemmel im Norden ganz bürgerlich als Rundstück, ihre längliche Variante als Berliner Schrippe, der Rest als Brötchen in die Tüte. Apropos: Berliner. Das süße Fettgebäck wird in Franken als Krapfen verzehrt, vermutlich, um die Preußen mit Ignoranz zu strafen, vielleicht aber auch, um die Nähe zum fränkischen Lieblingsfisch, dem Karpfen, zu betonen, der hier ja auch gern in Fett ausgebacken wird.

Nicht nur namentlich, sondern ganz und gar vergebens sucht man in Franken indes den Hanseaten, den mit Marmelade gefüllten, rot-weiß-glasierten Mürbeteig-Doppeldecker. Warum eigentlich – gibt es eine gelungenere Vereinigung von Hanseflagge und Frankenrechen? Man könnte den rot-weißen Hanseaten doch einfach als Frankentaler einbürgern und schüfe mit diesem gebackenen Handschlag zwischen Nord und Süd ganz nebenbei eine wohlschmeckende Alternative zum geschmacksneutralen, trotzdem allgegenwärtigen Amerikaner. Den Frankentaler dürften Exilnorddeutsche selbstverständlich auch weiterhin als Hanseaten verputzen.

Und damit zu den Reinigungsutensilien, denn auch hier besteht mindestens in zwei Punkten dringender Klärungsbedarf, da eine gemeinsame Putzaktion von Nord und Süd sonst zum Scheitern verurteilt ist. Zugegebenermaßen sind es in diesem Fall die Nordlichter, die mit seltsamen Wortschöpfungen für Verwirrung sorgen, denn was soll der Franke schon verstehen, wenn er um eine Schmutzuhle gebeten wird?

Die Übersetzung der plattdeutschen Uhle oder Uhl zur hochdeutschen Eule hilft wenig, denn wozu sollte eine schmutzige Eule taugen? Zudem fragt sich der Franke garantiert, was der perverse Nordmensch mit den majestätischen Jägern des Waldes gemeinhin anstellt und fasst sich an den Kopf, wenn er erfährt, dass es sich bei der Schmutzeule lediglich um einen Handbesen handelt.

Verwirrung auch beim Thema Feudel. Sprachwissenschaftler sind sich uneins darüber, ob das Wort aus dem Französischen oder aus der Seemannssprache stammt. Gesichert ist nur, dass es nichts mit Höfischem, Herrschaftlichem oder gar Erlauchtem zu tun hat, was sich schon durch die Betonung auf der ersten Silbe andeutet.

Es handelt sich beim Feudel um nichts anderes als den guten alten Hubibeizler der Bayern und Badenser, den Potzlombe der Hessen und mithin um einen gewöhnlichen Putzlappen, der um den Schrubber gewickelt wird, bevor man den Boden damit wischt. Das Lexikon weiß über den Feudel übrigens zu berichten, dass er der Vorläufer des Wischmopps ist, jener klugen Erfindung, die Putzlappen und Schrubber in sich vereint.

Der Wischmopp mit doppeltem „p“ ist wiederum nicht mit dem Wischmob mit einfachem „b“ zu verwechseln. Beim Wischmob handelt es sich nämlich um das neuzeitliche Phänomen einer Menschenmasse, deren Hauptbeschäftigung darin besteht, den Großteil des Tages mit fliegenden Fingern über den Touchscreen eines Smartphones zu huschen. Aber das ist eine andere Geschichte der Missverständnisse.

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