Von Trugbildern und Phantasiewelten

8.10.2018, 21:00 Uhr
Von Trugbildern und Phantasiewelten

© Foto: Winckler

Hier steht der Journalist vor dem Fürther Rathaus und gibt Prognosen zur bevorstehenden Landtagswahl ab. Aber tobt da nicht gerade die Kirchweih? Warum ist die Kreuzung vor dem Rathaus frei von Autos und Passanten? Ganz einfach: Hier steht der Journalist direkt vor einer grasgrünen Leinwand im Studio und quatscht in die Kamera. Der Computer rechnet das Grün einfach weg und ersetzt den Hintergrund mit einem beliebigen Bild. Etwa mit dem Rathaus. Da staunen die Zuschauer und Papa setzt sich für seine kleine Tochter vor einer Mondlandschaft in Szene. Oder vor einem Südseevulkan.

"Früher brauchte man dafür die fette Technik", sagt Connect-Leiter Florian Friedrich, "heute reichen eine Webcam, ein PC, eine Green Screen, gute Beleuchtung und eine kostenlose Software – und du kannst deinen Freunden weismachen, wo du überall im Urlaub gewesen sein willst." Und so steht für die jungen Besucher am Beginn der Erkenntnis die Täuschung und Ent-Täuschung. Nämlich die Frage danach, ob das, was man medial geboten bekommt, wirklich authentisch ist oder nicht. Und wie man das Ganze überprüfen kann, etwa anhand der Beleuchtung.

Vom simplen optischen Fake kopfüber hinein in phantastische Spielwelten: Spiele wie "Assassin’s Creed" entführen den Gamer ins Rom der Renaissance, ins Jerusalem der Kreuzzüge, nach Hellas oder ins alte Ägypten. Dort muss der Attentäter hochgestellte Personen ins Jenseits befördern, die Leibwache austricksen und sich feindlicher Kollegen erwehren. Vor allem muss er rennen, klettern und improvisieren, was das Zeug hält. Darüber kommt man kaum dazu, die detaillierten Stadtpanoramen zu genießen.

Die jugendfreie Version

"Assassins Creed" ist ab 16 Jahren freigegeben. Aber es gibt auch eine jugendfreie Version, in der nicht gemeuchelt, sondern nur entdeckt und erforscht wird: den Discovery-Modus. Den schaltet Mitarbeiter Floran Seidel ein, und schon sausen wir nach Gizeh. Der Held turnt an der großen Cheops-Pyramide herum, findet den Eingang und wagt sich ins Tunnelsystem. Ab und zu flackert ein Irrlicht auf.

Bei Anklicken verrät das Irrlicht dem Spieler, wer Pharao Cheops gewesen ist, versorgt mit Daten und Plänen zur Pyramide und stellt sogar die Theorie des Architekten Jean-Pierre Houdin vor, demzufolge die Pyramide von innen nach außen gebaut worden sein soll. Ja, da gerät man wirklich ins Staunen.

Ein Blick in die Trickfilmwerkstatt: Dort drehen Katrin (11) und Luisa (10) gerade ihren ersten Film in der bewährten Stop-Motion-Technik, zu Deutsch: Einzelbildschaltung. Auf einem Tisch liegt eine grüne Grasmatte, ein gezeichneter Baum reckt seine Äste. Zwei Playmobilfiguren hantieren mit Rechen und Schaufel. Direkt darüber hängt eine Kamera.

Sobald Katrin und Luisa die Figürchen leicht bewegen oder mit ihnen eine Drehung vollführen, schießt die Kamera ein Bild und speichert es im Computer ab. Auf dem Monitor ergibt sich so ein Film. 60 Bilder ergeben einen Streifen von 7,5 Sekunden bei etwa 30 Minuten Arbeitsaufwand. Da brauchten die Trickfilmpioniere Lotte Reiniger und Ray Harryhausen noch etwas länger .

Lotte wer? Lotte Reiniger, Scherenschnitt-Künstlerin und Schöpferin der "Abenteuer des Prinzen Achmed" aus dem Jahr 1926. Katrin gibt den Namen in ihr Tablet ein und beginnt zu suchen. Wieder ein Baustein mehr in der digitalen Bildung.

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