Wahnsinn mit Methode

16.4.2013, 14:00 Uhr
Wahnsinn mit Methode

© Riemann

Fünf Freunde und gleichzeitig Insassen einer Irrenanstalt beschließen, auszubrechen und nach Rom zu reisen. Wer aufgrund dieses Plots glaubt, eine seichte Komödie erwarten zu dürfen, wird eines Besseren belehrt. Am Schluss der ersten Aufführung hörte man von den begeisterten Zuschauern immer wieder den Satz: „Das ging ganz schön unter die Haut.“

Das Stück ist durchaus eine Komödie, eine sehr kurzweilige sogar, und es gibt darin viel zu lachen — aber in keinster Weise billig und kalauerhaft auf Kosten einer gesellschaftlichen Minderheit, sondern eher, weil uns die vermeintlich verrückten Freunde immer wieder den Spiegel vorhalten, und sich ihre Wünsche, Ängste und Zweifel nicht sonderlich von unseren unterscheiden. Regisseur Klaus Hoffmann ist es gelungen, dass nicht fünf Lachfiguren vorgeführt werden, sondern die unterschiedlichen Geschichten der Männer einfühlsam und zugleich witzig erzählt werden.

Der schwerkranke Fritz hat vier Stofftiere zu seiner Familie gemacht, der mürrische Konrad findet alles nur „bescheuert, bescheuert, bescheuert“, der ängstliche Kurt glaubt, dass in ihm ein Superheld schlummert, der die Welt retten kann, der stotternde Max wünscht sich nichts sehnlicher als eine Zigarette, und Dirk ist davon überzeugt, der unwiderstehliche Chefarzt der Anstalt zu sein.

Jeder hat sich auf seine Art in der Einsamkeit und Lieblosigkeit seines Lebens eingerichtet, jeder aufgrund diverser Brüche in seiner Biografie ein bisschen abseits des „Normalen“. Fritz bringt es im Lauf des Stücks auf den Punkt: „Deshalb sind wir auch eingesperrt, weil uns nie jemand sagt, dass er uns lieb hat.“ Das sind dann die Stellen, an denen sich die Lachtränen ganz schnell in Tränen der Rührung verwandeln.

So etwas funktioniert aber nur mit den richtigen Darstellern. Für eine Amateur-Theatergruppe hat die Bühne Erholung hier inzwischen so viel Potenzial, dass manche Profibühnen neidisch werden könnten — und das belegte die Premiere von „Crazy“ eindrucksvoll. Stefan Reichel gibt den verschüchterten, ständig an seiner Schmusedecke nestelnden Kurt so überzeugend, dass man das Bedürfnis hat, tröstend zu ihm zu laufen, wenn er mal wieder versucht, als Held Bernie durch Wände zu gehen. Genauso Klaus Lumpp, der die Gefühlswelt des kindlich-naiven Max mit seinen verklemmten Ticks scheinbar komplett verinnerlicht hat.

Den ständig motzenden Konrad, der immer wieder von Hitzewallungen heimgesucht wird, spielt Rüdiger Eberle ebenso authentisch wie Frank Burkhardt den vermeintlichen Klinikchef. Der Bagaasch-Darsteller Uwe Weiherer beeindruckt als todkranker Fritz. Fritz ist es, der die vier anderen zur Reise nach Rom anstiftet, und er ist auch der einzige, der das Leben und die Liebe schon erlebt hat, bevor er eingewiesen wurde. Das will er auch seinen Freunden ermöglichen und erfüllt deshalb jedem einen Herzenswunsch.

Die Reise geht rasant von Ort zu Ort, die Darsteller bauen unterwegs ständig das Szenenbild um und wechseln ihre Kostüme. Alle fünf sind fast nonstop auf der Bühne — und es ist erstaunlich, dass es bei so viel Tempo und darstellerischer Herausforderung nur ein, zwei kleine Hänger gab. Eine großartige Leistung, absolut sehenswert.

Weitere Vorstellungen am 20. April um 19.30 und am 21. April um 15.30 im „Grünen Baum“, am 26. und 27. April jeweils um 19.30 im Saal des BiKul Fürth, Kapellenstr. 47, sowie am 4. Mai um 20 Uhr im Bürgerhaus Tuchenbach. Karten unter www.buehneerholung.de, im Ticket-Point der Fürther Nachrichten und unter Tel. (0911) 752258, (09103) 797733

 

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