Was euch kaputt macht

21.2.2017, 16:50 Uhr
Was euch kaputt macht

© Foto: Hans-Joachim Winckler

Sie schreiben in Ihrem neuen Krimi über die Gentrifizierung in Konradshof. Warum nicht gleich Gostenhof?

Bronnenmeyer: Alles ist fiktiv in meinem Buch, daher musste ich auch einen fiktiven Ort wählen. Außerdem hat es mir schon immer mehr Spaß gemacht, etwas anzudeuten. Natürlich kann sich der Leser denken, wo die Handlung spielt. Aber es ist auch schön, vorm geistigen Auge etwas verändern zu können. Man sollte sich als Krimiautor eh hüten, allzu dicht an der Realität entlang zu schreiben.

Im Juli 2015 zog ein Gostenhofer Hausbesitzer einen Zaun um sein Grundstück, Autonome witterten Yuppie-Alarm und rebellierten. Man muss nur lang genug Zeitung lesen, dann hat man Stoff für einen neuen Krimi. Stimmt’s?

Bronnenmeyer: Ich hatte ja mit "Tod Steine Scherben" bereits begonnen, als es in Gostenhof plötzlich rund ging. Ich würde also eher sagen: Wenn man nur lang genug braucht, spielt einem die Realität in die Karten.

Schon Reaktionen aus Gostenhof bekommen?

Bronnenmeyer: Bislang nicht.

Hatten oder haben Sie persönliche Kontakte zu Gostenhofern?

Bronnenmeyer: Ich kenne das Viertel vom Weggehen, drei Jahre lang habe ich in der Nähe des Plärrers gearbeitet. Im Prinzip braucht man als Fürther aber nicht nach Gostenhof. Die Bio-Chianti-Szene ist irgendwie nicht das Optimale für mich.

Dann schreiben Sie doch gleich einen Krimi, der in der Gustavstraße spielt. Stoff gäbe es zuhauf.

Bronnenmeyer: Das stimmt, aber ich würde generell gern von der Regionalisierung wegkommen. Ich will das nicht geringschätzen, aber mit dem Begriff "Regionalkrimi" kann ich nichts anfangen. Es geht mir nicht um Heimatliteratur. Zumal es sicher Leser gibt, die nach anderen Kriterien lesen als danach, wie oft sie eine Örtlichkeit im Buch finden, die sie persönlich kennen.

Hören wir da gerade heraus, dass "Tod Steine Scherben" womöglich der letzte Fall für das Nürnberger Ermittlerduo Albach/Müller ist?

Bronnenmeyer: Das könnte sein. Ich will das bewusst im Konjunktiv halten. Wobei man sich als Autor natürlich die Frage stellen muss: Willst du bundesweit 200 Exemplare verkaufen oder 2000 mit einem Regionalkrimi hier im Großraum? Sagen wir so: Es wird eine Pause für Albach und Müller geben. Ich finde die Charaktere und den Rahmen gut, da gibt es Entwicklungsmöglichkeiten. Das Genre will ich nicht wechseln. Aber das Krimigenre an sich ist breit aufgestellt.

Wie leicht, wie schwer fiel es, dieses Buch zu schreiben?

Bronnenmeyer: Es ist für mich immer wieder überraschend, wohin einen so ein Projekt trägt. Man legt Fäden aus und schaut, wann sie sich verknüpfen. Ich wusste auch diesmal anfangs nicht, wer der Täter ist. Meine Herangehensweise ist intuitiv, es war also auch nicht geplant, dass dies der bislang düsterste Fall der Reihe wird. Und ich habe vier Jahre gebraucht, weil es längere Unterbrechungen gab. Eine ganz leichte Geburt war es diesmal also nicht.

Inwieweit haben sich die Kommissare verändert?

Bronnenmeyer: Renan Müller ist hochschwanger und selbst auf Wohnungssuche. Alfred Albach ist und bleibt der ruhende Pol. Neu sind zwei Frauen als Nebenfiguren und der fiese Chef, der diesmal die Grenzen des Legalen überschreitet.

Vor allem aber müssen Sie uns erklären, wie es zum Rio-Reiser-Bezug kam. Nicht nur der Titel spielt ja auf Ton Steine Scherben an, jedes Kapitel ist zudem mit dem Titel eines Songs der legendären Band versehen. Wie kam es denn dazu?

Bronnenmeyer: Ich bin, wie ich zugeben muss, ein relativ schlechter Titelfinder. Von den bislang fünf Titeln der Reihe ist nur einer von mir, nämlich "Stadtgrenze". Als es darum ging, wie das neue Buch eigentlich heißen soll, kam man bei ars vivendi auf den Reiser-Bezug. Wobei mir "Was euch kaputt macht" noch besser gefallen hätte.

Sie haben selbst in einer Band gespielt. Ist Rio Reiser ein Held des Musikers Bronnenmeyer?

Bronnenmeyer: Ich gestehe, dass ich Reiser erst im Zuge der Arbeit an dem Buch kennen gelernt habe. Ich will’s mal diplomatisch formulieren: Ich halte ihn eher für ein zeitgeschichtliches denn musikalisches Phänomen. Die Themen, um die es in seinen Songs geht, haben wir allerdings jetzt wieder, 40 Jahre später. Geschichte wiederholt sich eben doch.

Verwandte Themen


Keine Kommentare