Waschen ist nur was für Langweiler

1.8.2017, 19:15 Uhr
Waschen ist nur was für Langweiler

© Foto: Markus Kohler

Ein herzerwärmender Kinderchor, eine dem Untergang geweihte Zarenfamilie und bettelarme Soldaten: Mit diesen märchenhaften Zutaten werden Groß und Klein mühelos ins sagenhafte Russland verfrachtet. Doch plötzlich purzelt Teufelslehrling Hörnchen (energischer Publikumseinheizer: Sven Feldmann) unter rockigen Sounds auf die Bühne. "Da unten war’s mir zu warm", mit diesen Worten begrüßt er die Erdlinge. Da seine satanische Familie findet, dass Studieren nichts bringt, muss Hörnchen widerwillig zum Seelenverdiener werden.

Im jüngsten Streich der Altenberger Bühne trifft KiKa-Sonntagsmärchen-Charme auf zeitgemäß satirische Gags. Basierend auf dem Text von Bernhard Wiemker, erzählen die Laien-Darsteller unter der altbewährten Regie von Ingrid Meister eine pfiffige Komödie, die beweist, dass Geld doch stinkt — und zwar buchstäblich.

Sieben Jahre lang darf Soldat Alexei (überzeugend den Märchenhelden mimend: Christian Hühndorf) sich nicht waschen; im Gegenzug erhält er vom lausbübischen Beelzebub "verteufelt viel Gold". Versagt Alexei, bekommt Hörnchen seine Seele. Während der Teufelsprobe bekommt es das Publikum mit sehr solidem Schauspielhandwerk und kalauernden Märchenfiguren zu tun. Besonders "Dick und Doof"-Duo Zar Dimitri (Christian Rombs) und der (nervtötend oft) glockenbimmelnde Herold Obinski-Klingelinski (Andreas Marquardt) strapazieren die Lachmuskeln.

In launiger Running-Gag-Manier stellt Klingelinski die Hofdame Wanja Fürstin von Grillrow gern als "warmes Würstchen vom Grill" vor. Und wenn der mittellose Zar bedauert, dass jetzt in den sauren Apfel gebissen werden muss, bemerkt der drollige Ausrufer: "Wir haben leider kein Obst mehr."

Doch "Pfui Teufel" hat neben gemütlichen Wortspielen auch Feinsinnigeres in petto. Bereitwillig wird die märchenhafte vierte Wand durchbrochen, um teuflisches Kabarett zu betreiben. So werden Trump und Putin zu höllischen Spießgesellen und Wahlmanipulationen Teil der fürstlichen Monatsabrechnung. Zarentochter Anuschka fragt derweil unschuldig: "Warum heiratest du ihn selbst nicht? Gibt doch jetzt die Ehe für alle", als ihr Vater sie in altbewährter Märchen-Manier mit dem stinkenden, dafür aber stinkreichen Alexei verheiraten will.

Augenzwinkernd stimmt die (selbst in den Umbauphasen für ausgelassene Stimmung sorgende) Theaterband "Nimm mich jetzt, auch wenn ich stinke" ein, um Anuschka mit ihrem Schicksal zu versöhnen, während Hörnchen, ebenfalls mit einer Sinnkrise kämpfend, ausruft: "Es stinkt mir, dass ich ein Teufel sein muss!"

Ebenso unkompliziert wie das Stück selbst ist auch das Happy End: Alexei verbrüdert sich mit Hörnchen, der auf der Erde lieber Urlaub machen statt Seelen sammeln will — und schließlich geht nicht nur der Zar, sondern auch Klingelinskis Klingel in Rente. Alles gut also.

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