Wege in die Vergangenheit durch kontrollierte Zufälle

20.3.2006, 00:00 Uhr
Wege in die Vergangenheit durch kontrollierte Zufälle

Diese «bezeichneten Bilder“ präsentiert der Künstler derzeit in der Galerie in der Promenade zum ersten Mal der Öffentlichkeit. Für die graphische Komponente der Arbeiten ließ sich Weiss von historischen japanischen Holzschnitten inspirieren. Nicht nur als Künstler, sondern auch als Aikido-Meister von hohem Rang verspürt er die besondere Faszination japanischer Kultur.

Kontrastreich

Bisher schuf er ganz eigenständige Sedimentbilder, deren archaische Wirkung sich durch Verkrustungen und abgeplatzte oder sandige Partien entfaltete. Sie dienen in seinem neuen Zyklus als Untergrund für eine Bezeichnung mit feinen Linien. Auf diese Weise entsteht ein besonderer Kontrast zwischen dem beinahe urwüchsigen, abstrakten Untergrund und der sehr artifiziellen, figürlichen Zeichnung.

Für den Künstler ist es jedoch mehr als lediglich eine schlichte Überzeichnung; sie wird zur Be-Zeichnung, denn die vorher namenlosen Bilder können nun eine eigene Bezeichnung und damit zugleich auch eine eigene Bedeutung erhalten. Indem Weiss die alten japanischen Frühlingsbilder zitiert, verweisen sie auf die Vergangenheit.

Darin ergibt sich aber wiederum eine Parallele, denn auch die reinen Sedimentbilder verweisen auf Vergangenes, sind sie doch Abbild eines abgeschlossenen Reifeprozesses, im Laufe dessen sich das Bild auf der Leinwand niedergeschlagen hat. Binnen Wochen oder Monaten, je nach Witterung, entwickeln sich die Bilder im Boden, wobei es auch Vor- und Nachgängerbilder vom gleichen Ort gibt. Und um das Thema Entwicklung kreist die gesamte Arbeit von Hjalmar Leander Weiss. Dass dabei natürlich auch der Zufall eine Rolle spielt, mag er nicht leugnen, jedoch spricht er vom «kontrollierten Zufall“.

Kabinettstückchen

Zum einen präsentiert Weiss in seiner aktuellen Ausstellung großformatige Arbeiten auf Leinwand, zum anderen eine Reihe kleiner, in den vergangenen Monaten entstandener Papierbilder, deren Szenen an erotische Kabinettstückchen erinnern. Bereits seit etwa zehn Jahren denkt Weiss darüber nach, seinen Sedimentbildern eine zusätzliche Komponente zu verleihen, doch erst im vorigen Sommer hat er dieses Thema mit seinen «bezeichneten Bildern“ in Angriff genommen. MARION REINHARDT

«Bezeichnete Bilder“: Galerie in der Promenade, Königswarterstraße 62, montags bis freitags 10-17 Uhr und nach Vereinbarung unter Tel. 70 66 60. Bis 5. Mai.