Wenn „ausbuttert“ wird, dann wird’s zünftig in Großhabersdorf

2.11.2016, 13:00 Uhr
Wenn „ausbuttert“ wird, dann wird’s zünftig in Großhabersdorf

© Foto: Peter Budig

Der alte, kreuzfidele Mann mit seiner glänzenden Glatze, bestimmt nahe der 80, steigt hilfsbereit vom Rad, weil man sich in Großhabersdorf nicht auskennt. Wo die Pfarrscheune sei? Ganz einfach: Rumdrehen, um die Kurve, gegenüber vom großen Fachwerkhaus. „Da wird heut’ ’buttert“, sagt er noch. „Gehen Sie da auch hin“? „Naaa, ich schau’ jetzt Bundesliga.“

Das kann ja heiter werden. So ein Landtermin, „Ausbuttern mit dem Heimatverein Großhabersdorf“, und nicht mal die vermeintlich Traditionsbewussten gehen hin. Doch drei Minuten später, in der sauber hergerichteten, ehemaligen Pfarrscheune, die einen Flügel des historischen Pfarrwehrhofs besetzt, muss man innerlich Abbitte leisten: Um sechs, eine Stunde, bevor es losgeht, ist der Saal praktisch voll. Zur Hälfte erwartungsvolle Senioren, der Rest des Publikums besteht aus Familien, Paaren ab 40, vereinzelt jüngere Leute.

Auf der Bühne sitzen schon die Haberschdorfer Musikanten, eine Drei-Mann-Seniorencombo mit ruhmreicher Vergangenheit, die heute wieder einmal zusammenkommt und zwei Gitarren, ein Akkordeon und viel heiteres fränkisches Versgut dabei hat. Im Nebenraum ist längst alles vorbereitet für den kulinarischen Teil des Abends: In Reih und Glied stehen wenigstens 70 Teller auf Tischen bereit. Ein jeder mit einem Stück Limburger Käse, einem schönen Klecks Obatzter, schneeweißem Rettich, frisch gebackenem Brot und – schon vorab selbst gemachter Butter. Die warmen Kartoffeln kommen erst am Schluss dazu. „Das haben alles unsere Frauen gemacht“, lobt Friedrich „Fritz“ Biegel.

Der FW-Bürgermeister von Großhabersdorf ist heute als Heimatpfleger unterwegs und als Teil einer befreundeten Clique. Denn die Idee, das „Ausbuttern“ wie früher zünftig und gemeinsam als Dorffest zu inszenieren, ist Teil eines gelungenen Integrations-Geschehens. Hans Himmelhuber aus Auerbach in der Oberpfalz, der vor Jahrzehnten „seine“ Margit aus Großhabersdorf im Frankreich-Urlaub kennenlernte und sich der Liebe wegen zum Übersiedeln ins Fränkische entschloss, hat 2012 beim Fasching seinen Freunden einen Vorschlag unterbreitet. „Da warst du schon länger da und wir haben deine Sprache schon besser verstanden“, frotzelt Biegel.

Idee aus Auerbach

Jedenfalls kamen zum Bürgermeisterehepaar Gabi und Fritz Biegel noch Inge und Franz Buckel dazu und die schöne Idee war geboren: „So ein schönes Ausbuttern wie seit alters her in Auerbach, mit Musik und gemeinsamen Essen, das wollen wir auch feiern.“

Also wurden zwei Butterfässer besorgt und ein Sahnelieferant gefunden, eine Windsbacher Molkerei, die 20, 30 Liter Sahne verkaufen kann. Ein Liter Sauerrahm wird noch in die schwere, fetthaltige Flüssigkeit gegeben und ein paar Tage später kann gebuttert werden. Dabei wird die Sahne-Mischung solange mit der Handkurbel geschlagen, bis sich fette Butterklümpchen bilden. Irgendwann wird die Butter von der wässrigen Buttermilch getrennt.

Die Butter wird von Hand geknetet, in Eiswasser gelegt und kommt in Modeln zum Formen der Stücke. Die Buttermilch gibt’s natur oder mit Heidelbeeren vermischt, ebenfalls beim Ausbuttern. Dann wird auch ein Rest der Sahne live auf der Bühne geschlagen und zu Butter verarbeitet, die Stücke werden anschließend zum Mitnehmen verkauft. Es hat natürlich nicht nur Buttermilch zu trinken gegeben. Zu dieser Brotzeit passen auch fränkische Biere, Weißwein und im Nachgang ein Birnengeist.

Während „Neubürger“ Himmelhuber mit einer kurzen Butter-Rede die Anwesenden begrüßt, blickt man in erwartungsvolle, fröhliche Gesichter. „Beisammensein, übers Dorfleben reden, Essen und Trinken, das ist doch eine wunderbare Sach’“ stimmt auch Pfarrer Otto Schrepfer zu, der natürlich zum Fest gekommen ist.

„Wir sind schon eine besonders aktive Dorfgemeinschaft, berichtet Biegel über sein „Haberschdorf“. „Nicht nur, dass wir noch ein sehr gut besuchtes Dorfkino haben. Unser MSC Großhabersdorf, ein Motorsportverein, der sich unter anderem dem Geschicklichkeits-Gelände-Motorradsport Trial verschrieben hat, ein eigenes Naturbad für den Sommer, ein kleiner Skilift mit Hütte fürs Wintervergnügen“ – die 4200-Einwohner-Gemeinde mit neun Ortsteilen hat allerhand zu bieten. In Kürze zwar nichts für den Gaumen, aber etwas für die Ohren – die nächste Veranstaltung in der Pfarrscheune: ein Kammermusikabend am 5. November um 19 Uhr mit örtlichen Gesangs- und Instrumentalsolisten, die Melodien aus Oper, Operette und Musical zum Besten geben.

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