Wenn der Teufel Putztag hat

20.8.2017, 12:00 Uhr
Wenn der Teufel Putztag hat

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Hoffentlich steht das Trampolin an der richtigen Stelle. Und hoffentlich ist das Sprungtuch nicht allzu elastisch. Dritter Akt "Tosca", der Sturz von der Engelsburg: der ultimative Adrenalinkick für alle Sängerinnen der Titelpartie. Wie herrlich schief das gehen kann, führte die Wiener Regisseur-Legende Otto Schenk vor mehr als 30 Jahren in der fürs Fernsehen produzierten (und sehr zurecht preisgekrönten) Opernparodien-Show "Tosca auf dem Trampolin" vor. Wenn die Selbstmörderin hinter Roms Zinnen zur rhythmischen Sportgymnastin mit Wiederkehr-Effekt wird, bleibt kein Auge trocken.

Doch vielleicht hat Regisseur Benjamin Prins ja eine elegantere Lösung in Planung. Seine Inszenierung des reißerischsten aller Puccini-Stoffe erblickt am 30. September dieses Jahres das Licht der Theaterwelt, und zwar im Landestheater Coburg. Das Tosca-Gastspiel am 31. Oktober eröffnet den wieder vier Abende umfassenden Fürther Opernring-Reigen — ein viel versprechender Auftakt, denn die Oberfranken haben unter Intendant Bodo Busse, der in Kürze an neuer Wirkungsstätte in Saarbrücken loslegt, einiges an Boden gutgemacht. Vor allem an Generalmusikdirektor Roland Kluttig liegt es, dass die Coburger Orchester- und Stimmkultur, in Fürth zuletzt vorgeführt vor wenigen Wochen beim Mozart-"Figaro", aktuell mehr als erfreulich ist.

Seit 1900 steht "Tosca" ununterbrochen auf den Spielplänen weltweit. Dramaturgisch eh sensationell rasant, ist der Stoff möglicherweise gerade anno 2017 topaktuell: Künstler verbünden sich mit Freiheitskämpfern in einem durch und durch repressiven System. Die Titelpartie singt Celeste Siciliano, die schon im Herbst 2015 in Fürth als Norma einen guten Eindruck hinterließ.

Perlender Schwung

Von einem "anspruchsvollen Opernplan 17/18" spricht Stadttheater-Dramaturg Matthias Heilmann und liegt nicht falsch damit; in der Tat ist heuer lediglich "Tosca" ein Filetstück des gängigen Kernrepertoires, während etwa Die lustigen Weiber von Windsor (27. Januar) den meisten nur noch vom Hörensagen bekannt sind. Das war zu Beginn und auch noch zur Mitte des 20. Jahrhunderts ganz anders, als Otto Nicolais komisch-romantischer Dreiakter überaus populär war.

Die "Weiber" sind der Inbegriff der etwas aus der Mode gekommenen deutschen Spieloper, die Musik perlt beschwingt und alles andere als grüblerisch, die Frauenfiguren haben es mit einigen heiklen Koloraturen zu tun. Was das Anhaltische Theater Dessau aus dem Shakespeare-Stoff (den Verdi für seinen Geniestreich "Falstaff" heranzog) macht, weiß man ebenfalls erst im Herbst, Premiere ist Ende Oktober.

Regisseur ist wiederum Benjamin Prins. Der Franzose arbeitet seit 2005 an international renommierten Opernhäusern, darunter Teatro la Fenice, Bayerische Staatsoper, Wiener Staatsoper und Opéra-Théâtre de Saint-Etienne.

Chronisch unterschätzte Opern-Großtat aus dem Nachbarland: Mit der 1904 in Brünn uraufgeführten Jenufa stößt Leoš Janácek — im Angelsächsischen etwa kaum weniger populär als Richard Strauss — das Tor zum 20. Jahrhundert auf und tritt das Erbe seiner Landleute DvoÝák und Smetana an. Der dunkle Stoff um die Küsterin, die ihre Stieftochter mit allen Mitteln an den "richtigen" Mann bringen will, kommt in einem Klanggewand daher, das seinerzeit überwältigend neu war. Erstmals folgt das Melos der Sprache, erstmals ist die Sprache Taktgeber der Musik — und das lohnt auch 2017 die Neuentdeckung. Glücklicherweise erklingt das Werk beim Gastspiel der Tschechischen Oper Prag und des Opernhauses F.X. Saldy Liberec am 22. März im Original mit deutschen Übertiteln. Martin Doubravsky, der den Fürthern im vergangenen Herbst eine grundsolide "Rusalka" servierte, dirigiert.

Uraufführungen? Oft ist anno 2017 der erste Abend gleich auch einer der letzten. Nicht so bei Detlef Glanert, den die Fachpresse zum "Shooting-Star des zeitgenössischen Musiktheaters in Deutschland" machte. Grund: Seine Werke wird landauf, landab tatsächlich gespielt, so auch Scherz, Satire, Ironie und tiefere Bedeutung, uraufgeführt 2001 in Halle. Die komische Oper basiert auf dem geistreich-witzigen Schauspiel von Christian Dietrich Grabbe (1827). Weil die Hölle geputzt wird, ist der Teufel auf Erden — und eine sagenhaft chaotische Handlung, die deutsches Spießertum fein karikiert, nimmt ihren Lauf, versehen mit Glanerts peppiger Musik voller Zitate und Anspielungen. Guido Johannes Rumstadt, Kapellmeister in der Nachbarstadt, dirigiert die Koproduktion des Stadttheaters mit der Hochschule für Musik Nürnberg, Dominik Wilgenbus, Mitbegründer des Metropol-Theaters München und der Kammeroper München, inszeniert. Der Spaß beginnt am Abend des 21. April. Vermutlich ohne Trampolin.

ZAbo-Neubestellungen — der Opernring kostet zwischen 96 und 154 Euro — nimmt das Stadttheater Fürth (Königstraße 116) bis 29. September entgegen. Im Spielplanheft zur Saison 2017/18 gibt es weitere Informationen und den Bestellzettel.

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