Wer schön sein will, muss weniger leiden

23.2.2011, 19:00 Uhr
Wer schön sein will, muss weniger leiden

© Distler

Als der Laser die Haut trifft, fängt es auf Tom Gordons Kopf an zu dampfen. Einige Sekunden lang knistert es laut, dann setzt Svenja Giessler den Laser neu an. Sie kennt das Geräusch — in ihrer Münchner Praxis behandelt die plastische Chirurgin gut 90 Prozent der Patienten, die sie früher operiert hätte, mit dem Laser. Auf Gordons Glatze bildet sich nach und nach ein leichter Schorf. Es ist ein Teil der Epidermis, der oberen Hautschicht, die beim sogenannten „micro laser peel“ abgetragen wird. Nach der Behandlung lässt sie sich einfach wegwischen.

Tom Gordon sieht entspannt aus, die Anästhesiecreme hat seine Haut taub gemacht. Allerdings legt er sich heute nicht nur unter den Laser, um hinterher frischer auszusehen. Er ist auch Regionalmanager der Firma Sciton, die das Gerät verkauft. Heute sind dreißig Ärzte aus aller Welt bei seinem Vertriebspartner Med Tech Solutions (MTS) in Fürth, um sich anzuschauen, was die neue Laser-Medizintechnik bewirken kann.

Im Grunde ist Laserbehandlung ein alter Hut: Schon seit zwanzig Jahren nutzen sie Ärzte — in Deutschland allerdings bisher nur vereinzelt. Denn bei älteren Modellen ließ sich die Wärme nicht kontrollieren — und manche Patienten hatten wochenlang mit Schwellungen, Pigmentstörungen oder Verbrennungen zu kämpfen. Die neue Technologie sei wesentlich sicherer, sagt Waldfried Weber, Geschäftsführer der MTS: „Man kann genau steuern, wie tief der Laser eindringt und wie heiß er wird.“ Dafür braucht jeder Arzt jedoch eine intensive Schulung. Den Patienten kostet eine Sitzung, je nach Behandlung, 80 bis einige Hundert Euro.

Gesicht mit einer Kruste

Mitterweile werden mit Lasern nicht nur Falten, sondern auch Altersflecken, Akne-Narben, Orangenhaut, Fettpolster und Haare entfernt.

Ganz so harmlos wie bei Tom Gordon läuft die Behandlung allerdings nicht immer ab. Zwar dauert sie meist auch nur zehn bis fünfzehn Minuten, der Patient ist dabei jedoch unter Narkose. Denn bei tieferen Falten muss der Laser in die unteren Hautschichten eindringen. Dort verwandelt sich das Licht in Wärme und bewirkt, dass mehr Collagen produziert wird. Dieses Eiweiß verbindet sich zu seilartigen Strukturen, welche die Haut straff machen. Normalerweise produziert der Körper davon immer weniger, je älter man wird.

Einen Tag nach einer solchen Behandlung ist die Haut von einer dicken Schorfschicht überzogen — das Gesicht sieht fast aus, als hätte man es über einen Grill gehalten. Nach drei bis vier Tagen löst sich die Kruste von selbst und eine leichte Rötung bleibt, die erst nach einigen Wochen verschwindet. Mit ein bisschen Make-up, so der Münchner Chirurg Ludger Meyer, gingen seine Patienten nach zehn Tagen wieder zur Arbeit. Ein Schmerzmittel verschreibe er zwar — doch die meisten brächten es zurück.

Dass Menschen, die sich sonst unters Skalpell legen, eine Laserbehandlung vorziehen, hat auch einen anderen Grund: Sie hinterlässt keine Narben, über die sich Freunde oder Arbeitskollegen das Maul zerreißen können.

Angst vor der Spritze

Diese Diskretion zieht offenbar auch immer mehr Männer an. Denn die, sagt Meyer, wollten nicht zugeben, dass sie etwas haben machen lassen. Viele, die in seine Praxis kommen, rauchen, essen und arbeiten zu viel. Und vor Botox-Spritzen haben sie Angst. Wohlgemerkt: Nicht wegen des Nervengifts, sondern wegen der Spritzen. Nur zwei Prozent seiner Schönheits-OPs führt Meyer an Männern durch — beim Lasern ist schon jeder dritte Patient männlich.

Trotzdem: So weit verbreitet wie in den USA ist die neue Lasertechnologie in deutschen Praxen noch lange nicht. „In Deutschland ist sie eben noch relativ neu — und die Ärzte sind noch skeptisch“, sagt MTS-Chef Weber. „Der Markt ist hier sehr zäh.“ Erst sechs Sciton-Geräte hat er bisher verkauft, je nach Ausstattung für 45000 bis 250000 Euro. „Vielleicht liegt das auch an den billigen, aber schlechten Geräten, die in den vergangenen Jahren auf den Markt gekommen sind.“

Chirurgin Svenja Giessler hat noch eine andere Erklärung: „Viele Ärzte hier denken noch, nichts geht über die Chirurgie“, sagt sie. Dabei wollten sich immer weniger Menschen tatsächlich unters Messer legen.