Weshalb unterstützte Bornkessel den Nazi?

3.2.2019, 06:00 Uhr
OB Bornkessel (rechts, hier mit Ludwig Erhard).

© fn OB Bornkessel (rechts, hier mit Ludwig Erhard).

In ihren Briefen siezen sich die beiden Männer. Als der notleidende Jakob 1959 um Hilfe der Stadt bittet, antwortet Bornkessel unter anderem mit diesem Satz: "Die Zeit heilt." Jakob erwidert: Die Zahlung lasse in ihm "die Hoffnung aufkeimen, dass man, die böse Vergangenheit vergessend, wieder zusammenkommen könnte". Ganz geheuer ist Bornkessel die Sache offenbar nicht, er holt bei Politikern in Jakobs neuer Heimat Informationen ein. Der Ingolstädter Landrat Otto Stinglwagner (SPD) schreibt, Jakob betätige sich nicht mehr politisch, sondern führe ein zurückgezogenes Leben in ärmlichen Verhältnissen. Er habe seine Vergangenheit längst abgestreift und bekenne sich vorbehaltlos zu einem demokratischen Staatswesen. Fazit: "Ich halte Jakob eines Gnadenbezugs für würdig." Ähnlich äußert sich Martin Meier, Bürgermeister von Gaimersheim und ebenfalls Sozialdemokrat. Er bittet Bornkessel, einen "Versorgungszuschuss" zu gewähren. "Es wäre eine menschliche Geste für einen alten gebrochenen Mann." Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Fritz Kempfler setzt sich für Jakob ein, was aber weniger verwundert: Kempfler war unter Jakob für einige Zeit zweiter Bürgermeister in Fürth und im Krieg unter anderem SS-Standartenführer.

Als es der Fürther Stadtrat ablehnt, Jakob zu helfen, beschließt Bornkessel, ihm auf eigene Faust "gelegentliche Zuwendungen" aus einem "Sonderunterstützungsfonds" zu schicken. In einem Brief teilt er dem Bürgermeister von Gaimersheim die Haltung des Stadtrats im Fall Jakob mit. Dieser habe sich "in jenen Jahren" in Fürth eben doch "zu unbeliebt" gemacht, schreibt er. "Viele Menschen können und wollen nicht vergessen."

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