Wie die Wikinger: Trinkhörner made in Zirndorf

28.1.2018, 21:00 Uhr
Wie die Wikinger: Trinkhörner made in Zirndorf

© Foto: Rempe

Wenn Marco Vogel von seiner Arbeit spricht, dann versprüht er die Begeisterung und den Elan eines Start-Up-Unternehmers. Das Metier des 37-Jährigen fußt allerdings auf Tradition. Vogels Ururgroßvater hat den Betrieb gegründet, in dem vor allem Trinkhörner hergestellt werden – eine der ältesten Kulturschöpfungen des Menschen.

Seit mehr als 100 Jahren gibt es die Werkstatt in der Zirndorfer Klampferstraße. Wer einen Hauch von Nostalgie in den Räumen erspähen will, wird aber vergebens suchen. Hell, luftig und perfekt geordnet sind die Arbeitsplätze; was die Werkstatt außergewöhnlich macht, liegt nach Größe geordnet in großen Klarsichtboxen bereit: Naturhörner von zierlich bis zu imponierender Länge, von Ziege über Zebu bis Wasserbüffel.

Aufwind durch Rollenspieler

"Der Betrieb ist von Anfang an an diesem Standort gewesen", sagt Marco Vogel, "aber er ist Stück für Stück gewachsen und modernisiert worden." Das klassische Familienunternehmen – Vater Willi und Schwester Sandra sind ebenso im Einsatz, dazu kommen sechs weitere Mitarbeiter – gehört allenfalls zu einer Handvoll, die in Deutschland noch mit Horn arbeiten. Der junge Chef nickt: "Ja, das ist schon sehr exotisch, wir stellen absolute Nischenprodukte her." Aber die sind gefragt.

Das stetig steigende Interesse am sogenannten LARP (Live Action Role Playing), also an Rollenspielen, bei denen die Mitwirkenden in möglichst authentischen Kostümen auftreten, sorgt unter anderem für Interesse an ritterlichen Accessoires. Von Vogel Hornwaren aus Zirndorf werden zum Beispiel die Händler auf den beliebten Mittelaltermärkten beliefert. Gefragt sind dort neben Trinkhörnern unter anderem auch Hornbecher, Ruf- oder Nachtwächter-Hörner. Im umfangreichen Katalog des Spezialisten aus dem Fürther Landkreis findet sich darüber hinaus eine große Palette denkbarer Produkte aus Horn, die bestellt werden können. Dazu gehören Kämme und Haarspangen ebenso wie Salatbestecke oder Knöpfe.

Marco Vogel ist mit dem Unternehmen groß geworden: "Ich bin da einfach reingewachsen und hab’ auch von meinem Großvater sehr viel gelernt." Nach der Schule hat der Unternehmenschef zunächst eine Ausbildung zum Schreiner absolviert: "Das ist das Naheliegendste für unsere Aufgabe." Statt mit Holz wird in der Vogel’schen Manufaktur aber natürlich mit einem anderen reinen Naturprodukt gearbeitet. "Wir bekommen die Hörner aus Nigeria und Indien, im Ursprungsland werden sie bereits gereinigt, getrocknet und sortiert", berichtet Marco Vogel.

Vier bis sechs Mal im Jahr erreicht ein Container, komplett gefüllt mit neuem Material, die Klampferstraße. Die Geschäftsbeziehungen in die Ferne sind über die Jahre gewachsen: "Das ist ein toller Kontakt", meint Marco Vogel erfreut.

Nicht wegen des Horns getötet

Sandra Vogel unterstreicht: "Kein Tier wurde für sein Horn getötet. Die Hörner bleiben vielmehr als ein Nebenprodukt der Fleischerzeugung übrig." In Zirndorf wird dann jedes einzelne Stück in Handarbeit geschliffen, hygienisch gewaschen und – falls daraus getrunken wird – mit lebensmittelechtem Lack behandelt. Den Abschluss bildet eine Politur, die die feinen Muster, Farben und Maserungen dieses einmaligen Produkts erst recht zur Geltung bringt.

Für die Trinkhörner gibt es zusätzlich Gürtelhalter, Ständer oder Bänder, damit sie auch umgehängt werden können und immer griffbereit sind. Zusätzlich können Embleme angebracht werden, die passend zum jeweiligen Einsatz das Trinkgefäß etwa mit Thors Hammer oder einem grimmigen Drachenkopf verzieren.

Nur 50 Milliliter Volumen

Die stilechten Trinkgefäße gibt es vom Schnapshörnchen mit nur 0,05 Liter Volumen bis zu solchen mit mindestens einem halben Liter Fassungsvermögen. Und wie sieht es mit speziellen Kundenwünschen aus? "Kein Problem", sagt Marco Vogel, individuelle Sonderanfertigungen seien in der Manufaktur selbstverständlich möglich.

Unmöglich sei eigentlich nur eines: Zwei völlig identische Hörner zu finden. Selbst wenn sie vom gleichen Tier stammen, so gibt es doch immer noch Unterschiede in der Zeichnung und Farbgebung. Und nicht nur deshalb ist jedes Stück, das aus der Zirndorfer Werkstatt kommt, ein Unikat, das seinesgleichen sucht.

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