Wie Fürth seine Schrebergärten schützt

29.12.2013, 14:00 Uhr
Wie Fürth seine Schrebergärten schützt

© Hans-Joachim Winckler

Auch mitten im Winter gibt es in einem Schrebergarten allerhand zu tun. Bei den aktuell milden Temperaturen kann man Obstbäume schneiden, die Gartenlaube instandsetzen, ein wenig Laub rechen oder frische Maulwurfshügel glattstreichen und dabei die Sonne genießen. In der Kolonie Gartenbauverein Fürth 1885 aber sieht man an diesem Vormittag niemanden schaffen.

Eine Gruppe von Kleingarten-Funktionären wartet auf Oberbürgermeister Thomas Jung. Aus dem Rathaus kam die Idee, eine Pressekonferenz zu veranstalten. Die zentrale Frage: Wohnungen statt Schrebergärten? Jung kommt angeradelt, auf dem Gepäckträger Zeitungsausschnitte zum Thema. „Großer Druck aufs kleine Glück“, titelte beispielsweise die Süddeutsche Zeitung im September, „Der Feind in meinem Beet“ das Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Wie ein Messerstich

Hier wie dort geht es um das Schicksal deutscher Schrebergärten, die in den Augen mancher Menschen noch etwas anderes sind als das persönliche Paradies für eine Million Pächter im Land. So sagte der Präsident des Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen, Axel Gedaschko, angesichts der Wohnungnot in Metropolen wie Hamburg oder Berlin laut Spiegel einen Satz über die Parzellen, der sich wie ein Messerstich mitten ins Kleingärtnerherz gebohrt haben dürfte: „Sie sind auch eine Art Baulandreserve.“

In Fürth wird laufend gebaut: Keine zehn Jahre, nachdem US-Armee-Gelände zum „Südstadtpark“ wurde, einem neuen Stadtteil mit Wohnraum für 4000 Menschen, entstehen an allen Ecken und Enden der Stadt Wohn- und Gewerbeneubauten. Jüngste Beispiele sind Norma und ebl, Kibek und Höffner, die „Klassik-Gärten“, das Kavierlein, der „Grundigpark“. Der Bedarf an weiteren Wohnungen sei ungebrochen, heißt es aus dem Rathaus. Vor allem gesucht: günstige (Sozial-)Wohnungen. Beim Treffen unterm winterkahlen Apfelbaum ist zu erfahren: Zum Stadtverband der Kleingärtner gehören 1573 Schrebergärten in 33 Kolonien. Sie umfassen eine Fläche von 64.000 Quadratmetern, und das nicht selten in erstklassiger Stadtlage. Es sind — überspitzt formuliert — Gemüsebeete mit U-Bahn-Anschluss.

Beispiel Gartenbauverein: Umringt von den prächtigen Stadtvillen der Kutzerstraße liegt die nach Angaben ihrer Vorstandsleute älteste Kleingartenkolonie Bayerns am Rand des Wiesengrunds in einer der exquisitesten Wohngegenden Fürths. Die Grundstückspreise hier taxieren die Anwesenden auf 480 Euro pro Quadratmeter. Zum Vergleich: Den Pachtzins, der in städtischen Kolonien zu entrichten ist, beziffert Verbandsvorsitzender Günter Diller auf 41 Cent pro Quadratmeter und Jahr. Kein Wunder, folgert Jung, „dass da schnell Begehrlichkeiten entstehen“. Auf die Frage, ob es konkrete Vorstöße der Immobilienbranche gibt, um Parzellen in wertvolles Bauland zu verwandeln, meint der OB: „Es gibt Wünsche, in der Tat.“

Auch Thomas Kirner, erster Vorstand des (eigentümergeführten) Gartenbauvereins, berichtet von „Begehrlichkeiten der Wohnungswirtschaft“. Den Verein erreichten „ab und an“ Kauf-Anfragen regionaler Baufirmen. Die Antwort sei stets ein kategorisches „Nein!“ Kirner, Diller und die anderen Kleingärtner wissen von den Kämpfen andernorts, die nach ihren Beobachtungen vor allem in den Ballungsgebieten im Norden und Osten Deutschlands um die Schrebergartenkolonien entbrannt sind. Sie haben gehört von Demos, Unterschriftensammlungen und davon, dass sich in Magdeburg sogar eine Gartenpartei „Die Dunkelgrünen“ gebildet haben soll. Sie seien daher aufmerksam, aber nicht in Sorge, versichern sie.

Thomas Jung erwähnt, dass in Fürth die Kolonie „Land in Sonne“ bluten musste: Der Erweiterung der städtischen Kläranlage fielen 90 von 140 Gärten zum Opfer. Aber damit sei „erst mal Schluss“. Keine drei Monate vor der Kommunalwahl stellt der OB außerdem klar, dass in Fürth keine Kolonien aufgelöst würden, um Bauland auszuweisen. „Es wird kein Garten verlorengehen.“

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