Wie im Gespensterwald: Raupen sorgen für Gruselstimmung

28.5.2015, 16:00 Uhr
Wie im Gespensterwald: Raupen sorgen für Gruselstimmung

© Volker Dittmar

Das silbrige Gewebe wie aus einem Gespensterfilm ist quasi die Visitenkarte der Gespinstmotte. Es schützt die gefräßigen Raupen darunter ein wenig vor hungrigen Vögeln und Regen. Im Frühjahr sind die Larven aus den schon im vergangenen Jahr an Knospen abgelegten Eiern geschlüpft. Bis Mitte Juni werden sie die Blätter der von ihnen belegten Bäume und Büsche großflächig wegfressen und verpuppen sich dann in Gemeinschaftsnestern am Fuß des Stamms.

Als weiße Falter mit zwei Zentimeter Flügelspannweite verlassen sie Anfang Juli ihre kahl gefressene Kinderstube. Die erträgt das Ganze in der Regel ziemlich gelassen und treibt um Johanni (26. Juni) herum wieder neu aus. Im Hochsommer unterscheiden sich die einstigen Ernährer der Gespinstmotten dann kaum noch von den nicht befallenen Artgenossen. Vor allem über Traubenkirschen machen sich die Insekten her. Aber auch Weißdorn, Pfaffenhütchen, Weiden, Pappeln und gelegentlich sogar Obstbäume wählen sie als Domizile aus. Im Gegensatz zu den Raupen des Eichenprozessionsspinners, deren Härchen bei Menschen allergische Reaktionen hervorrufen können, haben sie keinerlei Waffen. „Weder Menschen noch Pflanzen können sie gefährlich werden“, sagt der Baumpfleger der Stadt Fürth, Dirk Osterloh.

Vielmehr seien sie für Fressfeinde eine wichtige Nahrungsquelle. Singvögel wie Meisen, die zur Aufzucht ihres Nachwuchses jetzt besonders viel Eiweiß benötigen, machen sich gerne über die Raupen her. Das klebrige Gespinst stellt für sie kein wirkliches Hindernis dar. Der Anblick allein bereitet allerdings vielen Naturliebhabern Sorge. Etliche Anrufe sind bereits beim Fürther Grünflächenamt eingegangen.

Bitte keine Chemie

Osterloh, der das Naturschauspiel in seiner Berufslaufbahn schon häufig beobachten konnte, gibt indes Entwarnung: „Im Juni ist der ganze Spuk vorbei.“ Neben Vögeln fallen auch Insekten wie Schlupfwespen und Raubwanzen über die Raupen der Gespinstmotten her. Klimatische Besonderheiten wie milde Winter sind nach Osterlohs Erfahrungen nicht entscheidend für das massenhafte Auftreten der Verpackungskünstler. Auch gebe es – abgesehen von Flusstälern – keine bevorzugten Reviere.

Befallen sind etwa Teile des Grüngürtels am Biberttalweg zwischen Zirndorf und Fürth und der Bewuchs am Fürther Regnitztalweg. Weil die Gespinstmotte pro Vegetationszeit nur eine Generation hervorbringt, können die betroffenen Pflanzen im Sommer nachtreiben. „Sie werden zwar geschwächt, aber nicht ernsthaft gefährdet“, sagt Osterloh. Mit Rücksicht auf die Vögel sollte man deshalb nicht eingreifen. Schon gar nicht mit der chemischen Keule, die auch anderen Tieren zum Verhängnis werden kann.

Ein Auge haben die Stadtgärtner jedoch auf Eichen, wo sich Prozessionsspinner ansiedeln können. Heuer haben sie allerdings noch keine entdeckt – auch in Zirndorf nicht, wo nach Angaben von Martin Amon regelmäßig kontrolliert wird. Entwarnung für das laufende Jahr will Amon aber noch nicht geben.

Nicht nur Gespinstmotten setzten den Pflanzen derzeit zu. Osterloh: „Es gibt eine ganze Reihe von Spannern und Wicklern, die an den Blättern nagen.“ Seit einigen Jahren gehört auch die Miniermotte dazu, die weiß blühende Rosskastanien bevorzugt und deren Befall zum Entlauben der Bäume führt. Ihr gegenüber kennt der Fürther Baumpfleger kein Pardon.

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