Wie viel Wachstum braucht die Stadt?

29.10.2010, 13:00 Uhr
Wie viel Wachstum braucht die Stadt?

© Hans Esterl

Es ist – ganz unabhängig vom Für und Wider im aktuellen Fall – ein fast schon ideologisch besetzter Konflikt, und beide Seiten beharren mit Vehemenz auf ihren Standpunkten. Fürth ist bereits groß genug und hat noch ausreichend freie Nischen für künftige Neubürger, sagen Kritiker, an ihrer Spitze Naturschützer. Nur zum Teil stimmt dem der Rathauschef zu.

Zwar könne man derzeit durchaus noch Potenziale schaffen, wenn es um Wohnungen in Mietshäusern geht, wie die geplante „Verdichtung“ auf der Schwand zeigt; auch im Bereich Eigentumswohnungen werde beständig nachgelegt, nicht zuletzt durch die — in Fürth besonders emsig betriebene – Umwandlung alter Gewerbeimmobilien in Lofts und Apartments.

„Aber es gibt eben auch immer noch den klassischen Wunsch nach dem Einfamilienhaus mit Garten“, beobachtet Jung. Und der sei allein an den westlichen Grenzen Fürths zu befriedigen, wo sich die Kleeblattstadt noch zur freien Landschaft hin öffnet und ausdehnen kann.

Seine Position sieht Jung durch aktuelle Daten gestützt, die ihm dieser Tage auf den Tisch flatterten. Das bayerische Landesamt für Statistik etwa kommt in seiner „regionalisierten Bevölkerungsvorausberechnung für Bayern bis 2029“, erschienen im Oktober, zum Ergebnis: Die Zahl der in Fürth lebenden Menschen wird sich von derzeit 114450 auf 118000 im Jahr 2020 und auf knapp 120000 im Jahr 2029 erhöhen. Ein Wachstum, das nach den Prognosen der Experten weit über dem bayerischen Durchschnitt liegen dürfte.

Nun traut Statistiken, manchmal mit Recht, nicht jeder, doch Fürths OB plagen keinerlei Zweifel an der Zugkraft seiner Stadt. Fürth sei „als Wohnstandort außerordentlich attraktiv“, meint er und zitiert eine weitere Studie: den „Wohneigentumsreport“ der Immobilien-Investmentgesellschaft Colonia, in dem seit 2008 Marktdaten aus den 82 größten Städten Deutschlands erhoben werden.

Eine Rubrik erfasst, wie viel Wohnraum verkauft wird. Fürth findet sich in der Liste hinter Augsburg und München auf Rang drei: Pro 1000 Einwohner wurden demnach im Jahr 2009, rein rechnerisch, 7,59 Verkäufe abgewickelt. Erlangen steht auf Platz sechs (7,23 Verkäufe), Nürnberg auf Rang neun (6,63 Verkäufe).

Diesem Trend müsse man gerecht werden, findet Jung, und der Nachfrageboom kommt in seinen Augen nicht von ungefähr. „Sehr viel“ habe man in den vergangenen Jahren in Schulen, Kindertagesstätten, Straßen investiert und dafür „eine gewisse Verschuldung in Kauf genommen.“

Auch damit diese Ausgaben nicht verpuffen, sei Zuzug wünschenswert — zumindest in begrenztem Ausmaß. Er habe jedoch „keinen Ehrgeiz“, Fürth über die prognostizierten Zahlen hinaus wachsen zu lassen, versichert der Fürther OB. Denn damit habe die Stadt ihre „ideale Größe“ erreicht. Die Skeptiker indes wird das kaum befrieden.