Wilhermsdorf: Studenten wagen Experimente

10.7.2017, 06:00 Uhr
Wilhermsdorf: Studenten wagen Experimente

© Foto: Heinz Wraneschitz

Eines ist sicher: Die Hauptkirche darf stehen bleiben. Ansonsten aber wünscht sich Professorin Ingrid Burgstaller, dass die Wilhermsdorfer "ein Experiment wagen". Ihre Studierenden jedenfalls hatten bei der städtebaulichen Aufgabe, das Areal rund um Hauptkirche und Marktplatz auf zusätzliche Wohnbaumöglichkeiten zu prüfen, teilweise heftig aufgeräumt. Weshalb Burgstaller gerade die zahlreichen heimischen Besucher der Präsentation bittet: "Haben Sie keine Angst, wenn Ihr Häuschen fehlt."

"Neue Stadtkante Wilhermsdorf" hatte Ingrid Burgstaller als Thema ausgegeben, die mit ihrer Kollegin Nadja Letzel im vergangenen Semester die Nachwuchskräfte angeleitet hatte. Beim Städtebau waren "Further Place", "Zipper an der Zenn", "Höfe", "Trianger" oder "Schlossallee" als Ergebnis herausgekommen.

Barrierefreies Wohnen

So hat beispielsweise Elias vom Orde um die 100 barrierefreie Wohnungen für Jung und Alt in sein neues "Wilhermsdorfer Quartier" gezeichnet. Ein paar alte Häuser an der Ansbacher Straße müssten dafür weichen, die meisten könnten aber stehenbleiben.

Sein Quartier sei ein "Bruch", gibt vom Orde zu, als er mit Fritz Ruf diskutiert, dem 3. Bürgermeister des Orts, Freiwähler und selbst Bauunternehmer. Der sieht natürlich zuerst praktische Probleme wie Hochwasser und Barrierefreiheit. Doch der Student hat sich auch darüber viele Gedanken gemacht und Lösungen gefunden.

Bisher jedenfalls ist eine große Fläche, auf der das Quartier mit entstehen könnte, als Abstellplatz für Lkw und als Baustofflager genutzt. Warum also das nicht "aktivieren als Motor für Wilhermsdorf"?

Das fordert Burgstaller auch für den heute nur teilbewohnten alten Bahnhof. Dort würde Johanna Wagner gerne "Tanzen über den Dächern von Wilhermsdorf". Denn im Alten Bahnhof wünscht sie sich ein Tanzstudio, "ein generationsübergreifendes Projekt für attraktive Freizeit". Mit ihrer Idee, aus dem Gebäude, dessen Anbau vor ein paar Jahren fast der Abrissbirne zum Opfer gefallen wäre, einen Szene-, Jugend- oder Musiktreffpunkt zu machen, ist Johanna Wagner nicht alleine: Viele Mitstudierende halten das Gebäude zwischen Staatsstraße und künftigem Einkaufszentrum genau für eine solche, teils "lärmende" Nutzung geeignet.

Marjhonelly Contepcion beispielsweise schlägt konkret ein Jugendhaus hier vor: Mit Terrasse draußen, mit Bibliothek, Bar oder Kursräumen innen. "Offener Raum und Jugendtreff" nennt Lea Maurer ihr ähnliches Konzept. Damit böten die angehenden Architektinnen eigentlich eine drängende Problemlösung für den Ort: Der jetzige Jugendtreff Bauhof liegt abseits, weshalb der Gemeinderat über die Verlagerung ernsthaft nachdenkt. "Der Jugendtreff hat nicht, was der Bahnhof hat", ergänzt Prof. Nadja Letzel.

Bahnhof im Fokus

Doch kürzlich hatten Verwaltung und Vereine in einer Gemeinderatssitzung bereits eigene Ideen präsentiert. "Uns ist ein Kultur- und Jugendtreff im Kernort wichtiger", gibt Bürgermeister Uwe Emmert (CSU) den Studentenideen am östlichen Ende des Ortes deshalb wenig Chancen auf Verwirklichung.

Dennoch: Emmert wie auch viele Gemeinderatsmitglieder und zahlreiche Bürger beugten sich sehr interessiert über die ausgestellten Entwürfe.

Über den Bahnhof hatten ohnehin nicht nur die Studierenden von außen, sondern auch die Schulkinder der 4. Klasse aus dem Ort nachgedacht. Ihre Entwürfe aus Karton sahen jedenfalls meist so aus, als würden sie sich dort einen (Kinder-)Treffpunkt wünschen. Und so gab auch Matthias Dießl, Fürths Landrat, nicht nur deshalb den Verantwortlichen den Rat, "aufgeschlossen zu sein, jemanden von außen reinzulassen, mal über den Tellerrand zu schauen". Den Gedankenaustausch an diesem Abend befeuerte sogar die Verpflegung. Von der Gemeinde bereitgestellt wurden Getränke sowie "150 Semmeln und 100 Bratwürste. Wir haben also auch an die Vegetarier gedacht", erklärte Bürgermeister Emmert, und hatte damit die Lacher auf seiner Seite.

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