Wilhermsdorfer berappen in Goldtalern

16.7.2017, 09:00 Uhr
Wilhermsdorfer berappen in Goldtalern

© Foto: Heinz Wraneschitz

Goldtaler sind das einzige Zahlungsmittel an diesem Abend. Wer über die Brücke vor dem "ältesten Barock-Sägewerk Frankens" will, muss zwei Taler berappen. Wer einen Rotwein, ein Bier oder ein anderes Getränk will, braucht welche. Und auch der Bettler, der schon wieder an der Ecke rumlungert, nimmt nur die glänzenden Stücke an – und testet gleich, ob sie auch wirklich aus Gold sind, diese Taler.

Eigentlich sollten es ja Burgmilchlingtaler sein, meint Heike Marschall lachend. Aber selbst vor Jahrhunderten hat es von der einst eigenen Wilhermsdorfer Staatswährung nur 4400 Stück gegeben. Wo heute noch welche herumliegen, kann kaum jemand genau sagen. Doch dass die Nachprägungen auch nur in geringer Zahl vorhanden sind, das weiß die ehrenamtliche Ortsführerin. Einen "Neuen" hat sie dabei – aber nicht zum Ausgeben, sondern nur zum Anschauen.

Heike Marschall ist so etwas wie das Bindeglied auf dieser Zeitreise, auf die sich die 40 Teilnehmer der Theaterführung an diesem schönen Sommerabend einlassen. Ein "Spektakel sonderbarer Gesellen" verspricht der Hofmarschall, einer aus der Theatergruppe des Heimatvereins. Insgesamt etwa 15 Mitglieder haben die Führung vorbereitet oder tauchen an allen möglichen Ecken auf: Als Waschweiber vor dem Ehrenhain, als Tollwütiger und Hexenjäger hinter der Hauptkirche, als Arme im "Siechenhaus", auch Spital genannt. Oder als Bedienungen an mehreren Stationen.

"Ein Fass Bier und Essen reichlich" bringt sie etwa nach der Hälfte der Tour wieder zu Kräften. Das vorher von einem Herold verkündete gesetzliche "Verbot der Zankerei" wäre eigentlich nicht nötig gewesen: Es ist für alle reichlich Essen da.

Und auch "gerädert oder geköpft" wird an diesem Abend niemand. Doch im Mittelalter hatten die örtlichen Herrscher das Blutgerichtsrecht. Immerhin waren sie nicht nur Herren über den Markt Wilhermsdorf, sondern über einen Staat mit 50 Lehen, bis weit ins heutige Sachsen hinein.

Mehr Künstler als Bauern

Der Ort im Zenngrund war schon immer etwas Besonderes – 1972 wechselte er in den Landkreis Fürth, im Mittelalter beherbergte er eher Künstler als Bauern. Und selbst am früheren Friedhof, dem heutigen Ehrenhain hinter der Spitalkirche, die früher Gottesackerkirche hieß, erinnert einiges an die Juden, die hier teilweise ein Viertel der Bevölkerung stellten. "Der hiesige Judenfriedhof hat Gräber, die sind älter als die in Fürth", weiß Heike Marschall zu berichten.

Viele der Wilhermsdorfer Geschichten drehen sich um das einstige Schloss, das am Ende des 19. Jahrhunderts abgebrochen wurde. Vor allem der in seiner Struktur wieder hergestellte Schlossgarten erinnert noch daran. Doch dass es schon lange vorher eine Burg Hochmilchling gab, hoch über dem Ort, dort wo heute die Schule steht, das wissen nur wenige. 1096 wurde erstmals in einer Urkunde erwähnt, dass dort die Edlen von Wilhelmsdorf residierten. Wann genau aus dem "L" ein "R" wurde, das wird wohl ein Geheimnis bleiben. Nicht aber, wer für die meisten wichtigen Gebäude in Wilhermsdorf das Geld gab, die heute noch stehen: Franziska Barbara von Welz zu Wilmersdorf.

Auch wenn die Gräfin nicht in Person bei der Führung auftritt: Von ihr künden die "edlen Damen und Herren des Heimatvereins" in ihren bunten Schauspielgewändern jede Menge. Auch, dass sie in zweiter Ehe mit dem Grafen Philipp Ernst von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingsfürst verheiratet war. Wohl deshalb haben sich Wilhermsdorfer Künstler einst am Schloss zu Schillingsfürst verewigen dürfen. Am Ende zweier Stunden Kurzweil treffen sich Mitläufer und Theaterleute vor dem Heimatvereinshaus, um gemeinsam noch einmal auf den schönen Abend anzustoßen. Spieße für jeden Einzelnen mit vielen Köstlichkeiten drauf sind auch noch da. Genauso wie der Bettler…

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