Wo die Leidenschaft den Ton angibt

25.9.2017, 14:00 Uhr
Wo die Leidenschaft den Ton angibt

© Foto: Markus Kohler

Im Kontrast zum lockeren Zusammenschluss des Ensemble in Residence II, das den ersten Abend bestritt, geht es bei Joschi Schneeberger betont familiär zu. Neben dem Bandleader und Bassisten, der erst 1982 als Autodidakt zur Musik kam, steht dessen Sohn Diknu mit der akustischen Jazzgitarre im Rampenlicht. Musikalisch stellt der furios aufspielende 27-Jährige seinen 60-jährigen Vater bereits in den Schatten, wozu im Kulturforum möglicherweise auch die Tontechnik beiträgt, denn von vielen Basslinien kommt nur ein Klangbrei über die Rampe.

Diknu Schneeberger hingegen verwandelt sein Zupfinstrument in ein Maschinengewehr. Mit diesem liefert er sich leidenschaftliche Duelle — bevorzugt mit dem vom großartigen Aaron Wonesch (51) gar nicht zaghaft bearbeiteten Flügel. Und diese kann der Youngster trotz klarer materieller Unterlegenheit mitunter sogar für sich verbuchen. Das wilde Sperrfeuer des jungen Heißsporns fängt sein seelenruhig agierender Lehrer Martin Spitzer (ebenfalls 51) an der zweiten Gitarre mit getragenen lyrischen Passagen auf. Und aus Tamburin, Shaker und Bongos zaubert Latin-Spezialist Toni Mühlhofer mit furioser Handarbeit ein ganzes Drumset auf die Bühne. Beseelt geht es im Ensemble zur Sache. Da wird noch einmal nachgelegt, wenn man schon meint, dass keine Verdichtung mehr möglich ist. Und immer wieder überraschen harmonischen Wendungen und Nuancen der Tempi.

Der familiäre Anstrich des Abends drückt sich auch in den Kompositionen aus. Etwa in dem von atemberaubender Steigerung geprägten Stück "Puppi", das Joschi Schneeberger seiner Frau gewidmet hat. Der Sohn steht dem Vater nicht nach und steuert "Miri Dai" (meine Mutter) bei, ein Stück, das durch seinen wunderbar freischwebenden Schluss besticht.

Für seine älteste Tochter Barbara hat der Bassist einen Latin-Jazz komponiert, einen Blues für Thomas, einen seiner sieben Enkel, ein herrlich schlichtes Kinderlied für zwei weitere Enkel und — als Zugabe — noch einen Blues für Tochter Jacqueline. Keine Frage, dass Diknu Schneeberger dann auch noch ein durchtriebenes Stück Musik mit dem Titel "Für Papa" auf Lager hat.

Solche musikalische Familiengeschichten kommen unaufdringlich daher, weil sie liebenswerten Individuen verpflichtet sind, Wärme ausstrahlen und das Bunte der Menschheit unterstreichen. Dazu gehört auch "Servas Koarl", mit dem Joschi Schneeberger seinem verstorbenen Triopartner nachtrauert.

Atemberaubend rasante Läufe, zauberhafte Harmonien und ausgefeilte Dynamik zeichnen die überragende Spieltechnik des Quintetts aus. Vieles wird augenzwinkernd serviert mit einer Leichtigkeit und einem Charme, der über jeden Zweifel erhaben ist. Das Publikum in der gut gefüllten großen Halle weiß es zu schätzen und entlässt die Wiener erst nach zwei Zugaben.

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