Wohnprojekt Lebenslinien in Stein

16.9.2016, 13:00 Uhr
Wohnprojekt Lebenslinien in Stein

© Foto: Edgar Pfrogner

Frau Gräbe, wieso nehmen Sie nicht das Geld aus Grundstücks- und Immobilienverkauf und machen sich ein schönes Leben mit Reisen und allen anderen denkbaren Annehmlichkeiten?

Lieselotte Gräbe: Solche Leute sind wir nicht. Wir wollen etwas schaffen, das auch nach unserem Ende noch Bestand hat. Meine Mutter hat mir diese Grundstücke überschrieben, mit den Worten ,Du machst deinen Weg‘. Genau das habe ich jetzt vor.

Thomas Gräbe: Nichtstun im Luxus — das wollen wir nicht.

Wie kamen Sie auf das Mehrgenerationenwohnen?

Lieselotte Gräbe: Eigentlich durch unseren Architekten Patrick Schreiner vom Büro querwärts in Nürnberg. Er hat seine Diplomarbeit zu diesen Wohnformen gemacht, die es hauptsächlich in Dänemark gibt. Und dann habe ich angefangen, mich zu informieren, mich weiterzubilden und gesehen, diese Wohnform hat eine Zukunft für uns alle.

Vom Fach sind Sie aber beide nicht?

Thomas Gräbe: Nein, ich bin Busfahrer und meine Frau Krankenschwester. Doch das Soziale liegt ihr einfach im Blut.

Wie stellen Sie sich das Wohnen am Jagdweg in Zukunft vor?

Thomas Gräbe: Als Mehrgenerationenwohnen wird heutzutage vieles verkauft. Manchmal sind es nur zwei gegenüber liegende Häuser. In einem wohnen jüngere Menschen und im anderen ältere. So etwas wollen wir nicht.

Lieselotte Gräbe: Der Unterschied wird der sein, dass wir selbst in das Haus einziehen. Wir sind dort Ansprechpartner für alle Anliegen, Probleme und Interessen: Jemand plant ein Grillfest, sucht einen Schachpartner, braucht Nachhilfe für sein Kind oder muss zum Arzt gefahren werden — alle diese Dinge brauchen Personen, die sie koordinieren. Das werden wir übernehmen und dafür sorgen, dass eine Gemeinschaft entsteht.

Eine Gemeinschaft braucht auch Platz zum Treffen und für Veranstaltungen. Ist das eingeplant?

Lieselotte Gräbe: Da haben wir am Anfang der Planung herumspinnisiert. Es war schnell klar, wir brauchen ein für alle offenes Café. Dort wollen mein Mann und ich Ansprechpartner sein. Es soll jeden Tag geöffnet sein, eine Verzehrpflicht gibt es nicht. Kommen können nicht nur die Bewohner, sondern alle Nachbarn. Außerdem gibt es einen Gemeinschaftsraum, der für private Feiern oder Veranstaltungen gedacht ist und einen Garten nur für Hausbewohner, in dem jeder mitarbeiten kann.

Lebenslinien — Mehrgenerationenwohnen aber bietet außer den 21 Mietwohnungen mit einem bis zu vier Zimmern, davon zwei für Rollstuhlfahrer, noch mehr . . .

Thomas Gräbe: Das war uns auch wichtig, denn sonst fehlt den Mehrgenerationenprojekten immer etwas. Bei uns gibt es Krippe und Kindergarten, eine Tagespflegeeinrichtung und einen ambulanten Dienst. Für alles haben wir schon Betreiber. Die Kita wird von der Paritätischen Kindertagesbetreuung-Nord übernommen, die Pflege von der Awo Zirndorf.

Lieselotte Gräbe: Die freuen sich schon auf das Projekt. Die Leitungsposten für die jeweiligen Einrichtungen sind bereits besetzt.

Aber haben Sie denn auch Mieter, die sich auf die Gemeinschaft einlassen wollen?

Lieselotte Gräbe: Interessierte gibt es. Wir haben uns vorgenommen, dass wir ab Januar mit den ernsthaften Bewerbern sprechen. Ich muss aber auch sagen, dass der Quadratmeterpreis zwischen 10,50 und 11 Euro liegen wird. Ich weiß, das ist nicht ganz billig, aber dafür haben die Mieter auch immer einen Ansprechpartner vor Ort.

Mietvertrag unterschreiben und einziehen — so einfach wird das in den Lebenslinien — Mehrgenerationenwohnen nicht sein.

Lieselotte Gräbe: Nein, ich wünsche mir so eine Art Bewerbung der Mieter. Ich möchte gerne in einer Gemeinschaft leben, weil ich als Alleinerziehende Unterstützung brauche, weil ich Angst vor Einsamkeit habe . . . so oder so ähnliches sollte in den Bewerbungen stehen. Geboten wird soviel Privatsphäre wie nötig und soviel Gemeinschaft wie erwünscht.

Wie kann man mehr über das Projekt erfahren?

Lieselotte Gräbe: Wir werden am 15., 16. und 17. September im Steiner Forum mit einem Stand „Rund ums Haus“ vertreten sein. Da kann man uns kennenlernen und alle Fragen stellen.

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