Xylokastro stemmt sich gegen die Krise

26.11.2015, 21:00 Uhr
Xylokastro stemmt sich gegen die Krise

© Foto: Max Söllner

Xylokastro stemmt sich gegen die Krise

© Max Söllner

Von Pinienwäldern gesäumte Kieselstrände und beeindruckende Gebirgszüge lassen einen die seit Jahren anhaltende Krise Griechenlands hier, auf der Peloponnes-Halbinsel, schnell vergessen; auf den örtlichen Straßen bleibt sie weitgehend unsichtbar.

Ein Treffen mit Bürgermeister Elias Andrikopoulos ergibt freilich ein anderes Bild. Welche Perspektiven sieht er für seine Stadt am Golf von Korinth? Vorneweg ein bisschen Geografie: Eigentlich müsste hier von Xylokastro-Evrostina die Rede sein, denn vor vier Jahren wurde die Fürther Partnerstadt mit dem benachbarten Evrostina zusammengelegt. Etwa 18 000 Einwohner umfasst die Kommune seitdem, wobei Xylokastro mit rund 6 000 Menschen weiterhin den größten Siedlungskomplex darstellt. Dies zu betonen, ist Andrikopoulos wichtig, der im Mai 2014 mit beachtlichen 56 Prozent der Stimmen zum neuen Stadtoberhaupt gewählt wurde.

Kandidiert hat er für das Bündnis Omonia, obwohl er gleichzeitig ein Parteibuch der konservativen Nea Dimokratia besitzt – für ihn kein Widerspruch: Schließlich bedeutete Omonia übersetzt so viel wie Eintracht oder Einigkeit, dementsprechend sei sein Bündnis, dass bislang nur in Xylokastro existiert, als ein von Parteien unabhängiger Zusammenschluss zu verstehen.

Appell an die Bürger

Im Kontext der Krise ins Leben gerufen, appelliert Omonia an den Zusammenhalt und die Kooperation unter den Bürgern, Entscheidungen sollen deshalb gemeinsam erarbeitet werden. Denn: Alle sind von der prekären wirtschaftlichen und sozialen Lage betroffen, niemanden kann Andrikopoulos davon ausnehmen.

Sowohl Wirtschaft, in Xylokastro überwiegend agrarisch und touristisch geprägt, als auch Kommune haben zu kämpfen – letztere mit um sage und schreibe 70 Prozent niedrigeren Einnahmen. Ein Grund dafür ist, dass aufgrund gesunkener Einkommen oder Arbeitslosigkeit weniger Steuern gezahlt werden. Wie dramatisch die Krise auf den Einzelnen durchschlägt, zeigt die Tatsache, dass in Fürth zur Zeit eine weitere Spendenaktion läuft: Medikamente für Xylokastro werden gesammelt – für eine „Sozialapotheke“ in der griechischen Stadt, die alle vom Gesundheitssystem Ausgeschlossenen künftig aufsuchen können.

Was jedoch kann jenseits der karikativen Hilfe unternommen werden? Grundsätzlich sieht der Bürgermeister wenig Chancen, die Krise auf kommunaler Ebene in absehbarer Zeit zu überwinden. Nichtsdestotrotz will er die Vorteile Xylokastros besser herausarbeiten, um mehr ausländische Touristen anzulocken. Die Voraussetzungen sind gegeben, ist Andrikopoulos überzeugt: Vom klassischen Strandurlaub über historische und religiöse Anlaufpunkte bis hin zum Skisport in den Bergen reiche die Palette der Möglichkeiten.

Für einen weiteren Trumpf hält er die Nähe zu den Häfen von Pyräus und Patras, ab 2017 soll Xylokastro zudem neuer Endpunkt der Athener S-Bahn „Proastiakos“ werden. Eine Fahrt in die griechische Hauptstadt wird dann nur noch etwas mehr als eine Stunde dauern. Ferner will Andrikopoulos verstärkt EU-Fördermittel in Anspruch nehmen, nachdem die staatlichen Finanzhilfen stark eingebrochen sind.

Wichtig ist ihm aber auch ein gutes Verhältnis zu Deutschland, das in Griechenland im Rahmen der Abwärtsspirale generell gelitten hat. Einerseits denkt das Stadtoberhaupt ganz pragmatisch an den Technologie- und Erfahrungsaustausch, andererseits will er die Menschen einander näher bringen. Vorurteile müssten abgebaut, „die Mauer der Missverständnisse“ eingerissen werden. Deshalb hat Andrikopoulos kürzlich auch am fünften Treffen des deutsch-griechischen Netzwerks „Regionen, Städte, Menschen“ in Berlin teilgenommen, im Fokus stand die Zusammenarbeit zwischen den Gemeinden beider Länder.

Apropos: Die Beziehungen zu Fürth beschreibt das Stadtoberhaupt als sehr gut, laufende Projekte sollen Xylokastro vor allem in Sachen Tourismus helfen – wofür der Bürgermeister dankbar ist. Im kommenden Jahr, anlässlich des zehnjährigen Jubiläums der Partnerschaft, werde er wahrscheinlich zum ersten Mal die Kleeblattstadt besuchen.

Abzuwarten bleibt, wo Griechenland dann stehen wird. Das Parlament setzt derzeit nach und nach die im Gegenzug für das dritte EU-Hilfspaket auferlegten Maßnahmen um. In Athen, wo die Krise noch einmal ganz andere Folgen hat, fand kürzlich der erste Generalstreik seit Antritt der Syriza-Regierung statt; weitere Proteste sind angekündigt.

Als „notwendig“ bezeichnet Andrikopoulos die Reformen, sein Land brauche sie, um auf den globalen Märkten bestehen zu können. Kritisch sieht er allerdings das eingeschlagene Tempo: Es sei zu schnell und führe deshalb zu einer weiteren Verschärfung der sozialen Lage.

Eine Galerie mit Bildern aus Xylokastro finden Sie im Internet unter www.nordbayern.de/fuerth

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