„Zentralrad“ in Fürth schließt

30.7.2015, 16:00 Uhr
„Zentralrad“ in Fürth schließt

© Foto: Athina Tsimplostefanaki

Inhaber Thomas Schwerdtner (50) hat sich zu diesem Schritt aus familiären Gründen entschlossen, nicht aus wirtschaftlichen. „Laden und Werkstatt florieren“, sagte er auf FN-Nachfrage. Dazu passen die jüngsten Angaben des deutschen Zweirad-Industrie-Verbands, wonach der Branchenumsatz 2014 gegenüber dem Vorjahr um zehn Prozent gewachsen ist und Fahrradfahren im Trend liegt.

Schwerdtner, zugleich zweiter Vorsitzender im Kreisverband Fürth des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC), betrachtet zwar das Fahrrad als das „Verkehrsmittel der Zukunft, das es uns ermöglicht, die Städte lebenswert zu erhalten“. Dennoch will er sich aus dem Handel zurückziehen. Das hat schlicht und einfach den Grund, dass er sich „in dieser Lebensphase“ mehr Zeit für seine Familie und sich selbst wünscht. Er und seine Frau haben drei Kinder im Alter von sieben bis 19 Jahren. Doch wenn etwa Emil, der Jüngste, abends nach der Arbeit mit Papa Lego spielen will, ist der dafür oft „zu kaputt“. Einen Laden „mit hohem Qualitätsanspruch zu leiten“, so Schwerdtner, koste nun mal „viel Zeit und Energie“.

Kundenfreundliche und einheitliche Öffnungszeiten im innerstädtischen Einzelhandel hält Schwerdtner für richtig. Doch stoße er wie auch mancher Mitarbeiter an Grenzen, wenn erst um 19 Uhr der letzte Kunde geht. Yoga-Kurs, Sportverein — all das ist nicht mehr drin, „wenn du so spät am Abend aus dem Geschäft rausstolperst“. Er selbst sei für gewöhnlich, gegen halb neun daheim, zu spät fürs Spiel mit dem Junior.

Immer wieder habe er an Stellschrauben des Systems gedreht, aber keine zufriedenstellende Lösung gefunden. Ein Beispiel: Seit einem Jahr hat „Zentralrad“ montags geschlossen. Die Maßnahme sollte dem zeitweise knapp besetzten Werkstatt-Team die Chance bieten, an einem Tag Wochentag ungestört Aufträge abzuarbeiten. Inzwischen ist es montags auch in der Werkstatt still. So habe zwar die ganze Mannschaft nach Samstagsdiensten (bis 16 Uhr) zwei Tage am Stück frei, so Schwerdtner, doch widerspreche das kundenfreundlichen Öffnungszeiten. „Es ist wie eine Art Hamsterrad.“

Mehr Smartshopper

Angefangen hat alles 1988 mit einer kleinen „Schrauberei“. Thomas Schwerdtner und sein Freund Achim Kaluza übernahmen in ihrem „Fahrradbüro“ in der unteren Königstraße Reparaturarbeiten und verkauften Fahrradteile. Ein Jahr später bezogen sie auf der anderen Straßenseite ihren ersten richtigen Laden. Hier boten sie Fahrräder aller Art an. Kaluza wechselte dann den Job, Schwerdtner fand in Stefan Fürst einen neuen Partner, der das Geschäft 14 Jahre mit weiter entwickelte und heute im „Velomondial“ in der Langen Straße Reiseräder und Radreisen verkauft. 1998 kam es zum Umzug in die Moststraße, wo das Team unter dem neuen Namen „Zentralrad“ auf zuletzt zehn Beschäftigte und der Betrieb „zu einem der größten Fahrradläden des Großraums“ anwuchs.

Ein Geschäft, dessen „kompetente Beratung und hohe Qualität“ Stammkunden wie Stefan Krupp schätzen: „Die wissen, wovon sie reden.“ Doch auch wenn sie für ihn wirtschaftlich bisher nicht ins Gewicht fallen — Schwerdtner registriert zunehmend auch unliebsame „Smartshopper“, die sich Bremsen oder Schaltungen aus dem Internet in der Werkstatt montieren lassen wollen. „Das ist so, wie wenn ich Fleisch mit in die Wirtschaft bring’ und mir dort braten lasse.“

Im August hat „Zentralrad“ noch zu den üblichen Zeiten geöffnet, Anfang bis Mitte September ist geschlossen. Danach geht es mit eingeschränktem Werkstattbetrieb bis Ende Oktober/Anfang November weiter. Gutscheine können bis dahin eingelöst werden. Thomas Schwerdtner will sich erst eine kleine Auszeit nehmen, aber die Nordbayerische Fahrrad- und Tourismusmesse „rad 16“ mitorganisieren, die im März in der Stadthalle über die Bühne geht. Auf lange Sicht sucht er sich wohl wieder einen Job. „Ich muss für meine Rente schon noch arbeiten.“ Wenn es soweit ist, glaubt er, „wird sich was finden“.

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