Zirndorfer Kriminalist mit Migrationshintergrund

26.3.2016, 16:00 Uhr
Zirndorfer Kriminalist mit Migrationshintergrund

© Archivfoto: Joachim Winckler

Herr Giang, kleine Jungs wollen Feuerwehrmann oder Polizist werden. War das bei Ihnen auch so?

Giang: Ja klar, ich wollte schon immer Polizist werden. Als ich die Mittlere Reife hatte, überlegte ich noch, zuvor auf die Fachoberschule oder zur Bundeswehr zu gehen. Doch die Einstellungsberater haben mich überzeugt, gleich bei der Polizei einzusteigen. Das habe ich nicht bereut.

 

Was schätzen Sie an Ihrem Beruf?

Giang: Er ist absolut vielseitig, kein Tag ist wie der andere. Wir reden hier von Reiterstaffel, Hundeführer, Auslandsdiensten oder Hubschrauber-Piloten. Als Mitarbeiter im Kriminaldauerdienst und jetzt im Bereich des Personenschutzes und der Fahndung komme ich weit herum. Ich war schon in meiner alten Heimat, in Amerika, in ganz Europa und im Ostblock. Auch die Qualifizierungsmöglichkeiten sind sehr gut: Ich habe an der Beamtenfachhochschule in Sulzbach mein Diplom als Verwaltungswirt (FH) gemacht.

Mittelfrankens Polizeipräsident Johann Rast hat es bei der Präsentation der Werbekampagne vergangene Woche angesprochen: Mit den Verdienstmöglichkeiten der freien Wirtschaft kann der öffentliche Dienst nicht konkurrieren. Haben Sie diesbezüglich Anlass zu klagen?

Giang: Nein, überhaupt nicht. Was ich als Hauptkommissar verdiene, kann jeder im Internet nachlesen. Ich bin sehr zufrieden, kann meine Familie gut versorgen, meine Frau kann sich die Zeit nehmen, sich um die Erziehung und Ausbildung unserer zwei Kinder zu kümmern. Und ich schätze den sicheren Arbeitsplatz. Das halte ich für sehr beruhigend.

 

Schicht- und Wochenenddienst oder Auslandseinsätze, zu denen sie bei der Kripo auch mal kurzfristig ausrücken müssen: Familienfreundlich ist der Job aber nicht.

Giang: Das ist mein Beruf. Die Polizei ist rund um die Uhr für die Bevölkerung da. Irgendwer muss diese Arbeit machen. Den Schichtdienst würde ich gar nicht verteufeln. Derzeit ist das System noch so, dass man am ersten Tag Spätschicht macht, am zweiten Früh- und Nachtschicht, anschließend hat man 1,5 Tage frei. So konnte ich zum Beispiel problemlos das Ehrenamt des Integrationsbeirats-Vorsitzenden in Zirndorf übernehmen. Ich bin 1979 nach dem Vietnam-Krieg als Boatpeople nach Deutschland gekommen. 1992 haben meine Eltern in Zirndorf ein Häuschen gekauft, seitdem bin ich — mit Unterbrechungen beruflicher Natur — hier zu Hause und habe auch Wurzeln geschlagen. Über den Integrationsbeirat der Stadt versuche ich, Menschen mit Rat und Tat zu begleiten, die hier ebenfalls eine neue Heimat suchen. Und das kann ich auch deshalb machen, weil mich mein Arbeitgeber unterstützt und bis zu fünf Stunden in der Woche dafür vom Dienst freistellt.

 

Wie haben Sie es in die Werbekampagne geschafft?

Giang: Es gab mehrere Castings, da ging es um Tätigkeitsfelder, um Ausstrahlung und in meinem Fall auch um die asiatischen Gesichtszüge: Ich bin das Gesicht, das junge Menschen mit Migrationshintergrund ansprechen soll. Bayern ist eine multikulturelle Gesellschaft geworden, auch im Polizeidienst sind Leute willkommen, die andere Sprachen und Kulturen kennen. Das erleichtert vieles im Berufsalltag. Als Dolmetscher unterstütze ich Behörden in ganz Bayern. Als ich 1993 bei der Bundespolizei angefangen habe, war ich über Jahre der erste und bis etwa 2005 auch der einzige Polizist Deutschlands mit vietnamesischer Abstammung.

 

Hatten Sie bei der Polizei mit Diskriminierung zu kämpfen?

Giang: Ich würde lügen, würde ich behaupten, dass es das nicht gab. Als ich an meinem allerersten Tag vor der Unterkunft in Coburg stand, hat man mich nicht reingelassen. In der Kantine habe ich als Fremdling in Uniform alle Blicke auf mich gezogen. Als Migrant muss ich mich nach wie vor durchkämpfen, das ist bei der Polizei nicht anders als in der gesamten Gesellschaft. Aber wir sind auf einem guten Weg. Wer heute in den Staatsdienst geht, muss seine Herkunft nicht verleugnen. Ich bin Buddhist und verknüpfe vietnamesische Lebensart mit der deutschen Kultur. Das macht liberal.

 

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