Zum Leben erweckt

28.9.2010, 17:32 Uhr
Zum Leben erweckt

© Gerd Axmann

Schwartz-Uppendieck und die Hamburger Kantorin Karen Haardt vermittelten einen Eindruck von der Vielfalt weiblichen kompositorischen Schaffens zwischen Romantik und Jazz, Ausdruckstiefe und harmlos dahinströmender Tonästhetik, Fingerübungen musikalischer Kunstfertigkeit und neuen Konzepten der Klangfindung in der modernen Musik.

Jazzig angehauchte Choralbearbeitungen von Lilo Kunkel standen den vierhändigen Klaviermazurkas der Goethe-Zeitgenossin Maria Szymanowska (1789—1831) gegenüber, lebhaften, von Schwartz-Uppendieck und Haardt mit Verve und zierlicher Eleganz ausgeführten Tanzmusiken. Eine „Einstimmung auf langsamere Zeitmaße“ boten zwei Stücke der 1955 geborenen Musikwissenschaftlerin und Komponistin Eva-Maria Houben. Monotonie und Ruhe, sphärisch verschwebende, oft sich langsam senkende Akkordfolgen ihrer „drei Choräle“ lassen im Kirchenraum eine meditative Stimmung entstehen.

Dieses langsamere Zeitmaß findet sich auch in den seit 1999 entstandenen Steinbildern der Künstlerin Astrid Neumann, die unter dem Titel „Steine – zum Leben erweckt“ die Herbstausstellung 2010 in der Auferstehungskirche bilden. Die Schönheit der Schöpfung will sie in diesen Bildern sichtbar werden lassen, in denen Naturgegenstand und Menschenwerk verschmolzen werden zu einem Bild, das vom Kontrast von „Steinzeit“ und „Menschenzeit“ lebt, von Flüchtigem und Unvergänglichem.

Die Steine sind Engelskörper in oft blauen oder grauen Mittelfeldern, die sich nach oben hin ins Licht öffnen, sind Bäume, Hügel, Blätter, sind Zentren, von deren Maserungen aus Strahlen in einen fast gewalttätig roten Sonnenaufgang oder ein stilles Meer aufbrechen. Wenn die Bilder der Ausstellung Musik wären, könnten sie tatsächlich klingen wie Houbens „abgemalt“ aus dem Jahr 2009, für das die Komponistin die Maserungen von Steinen auf Notenpapier übertragen hat – freilich künstlerisch gestaltet, denn an diesem Werk wirkt nichts chaotisch oder zufällig; zu bewusst wirken die langen Pausen, die Kontraste von hohen Einzeltönen und tiefen Gegenklängen.

Elementar wirken die Bilder, die ausgestellten wie die Klangbilder, esoterisch angehaucht, schön anzusehen und zu hören auf jeden Fall und vielleicht auch ein Anstoß für eine dem beginnenden Herbst angemessene Kontemplation von Zeit, Vergänglichkeit und Ewigkeit.

„Steine — zum Leben erweckt“: Auferstehungskirche im Stadtpark. Bis 2. November.