Zweckentfremdungs-Satzung in Fürth kommt doch nicht

20.10.2014, 06:00 Uhr
Zweckentfremdungs-Satzung in  Fürth kommt doch nicht

© Hans-Joachim Winckler

Vor einigen Wochen sah es ganz so aus, als sei der Erlass der besagten Satzung reine Formsache. Linke, Grüne und SPD hatten sich dafür ausgesprochen, mit einer Nutzungsverpflichtung gegen die Wohnungsnot anzugehen. Bei Missachtung drohten Wohnungseigentümern Bußgelder von bis zu 50.000 Euro.

Oberbürgermeister Thomas Jung (SPD) argumentierte damals, es wäre schon viel gewonnen, brächte man mit dem geplanten Steuerungsinstrument jede zehnte der über 2000 leer stehenden Wohnungen in Fürth in den Mietkreislauf. Da oft unrenovierte Altbauwohnungen verwaist sind, sollten insbesondere einkommensschwache Gruppen von dem 18 DIN-A4-Seiten starken Regelwerk profitieren.

Das war im Juli. Nach der Sommerpause hörte sich der OB ganz anders an. Jung teilte dem Bauausschuss im September mit, er habe zwischenzeitlich große Bedenken, und wies die Verwaltung an, das Projekt Zweckentfremdungssatzung zu den Akten zu legen. Grünen-Fraktionschef Harald Riedel fiel angesichts dieser Kehrtwende „aus allen Wolken“.

Was war geschehen? Baureferent Joachim Krauße, der der Satzung von Anfang an skeptisch gegenüberstand, erklärt, Zweifel an der Umsetzbarkeit hätten sie zu Fall gebracht. Trotz vieler Detailregelungen gab es jede Menge Unklarheiten, weswegen Kritiker nicht nur Probleme beim Vollzug, sondern auch eine Prozesswelle auf die Stadt zukommen sahen. Zu den Grauzonen zählt etwa das Wohnen auf Zeit: Ist, wer Studenten, Projektmanager und Praktikanten beherbergt, eher Vermieter oder eher Hotelier? Wo verlaufen die Grenzen bei der boomenden Online-Zimmervermittlung?

Kamran Salimi (Grüne) hatte überdies im Juli angemerkt, es dürfe nicht sein, dass Wohnungen ohne Fliesen oder Bodenbeläge als nicht bezugsfertig gelten. Kacheln abzuschlagen und Teppiche rauszureißen, sei „eine Sache von Minuten“, mahnte er.

„Wirkungsloses Instrument“

Dieser Einwand, sagte später Rathauschef Jung, habe ihm „die Augen geöffnet“. Er habe sich informiert und erfahren, dass ein Wohnungseigentümer „nur einen Wasserhahn rausdrehen muss“, schon gelte das Objekt als unbewohnbar, die Satzung greife nicht mehr. Weil die Stadt aber nicht befugt sei, die (Wieder-)Herstellung des bewohnbaren Zustands anzuordnen, handle es sich um ein „völlig wirkungsloses Instrument“, das im Übrigen auch keine der Nachbarstädte anwende.

Riedels Eindruck, Jungs politischer Wille habe wohl eher nachgelassen, seit Protestschriften im Rathaus eingingen, wischt der OB beiseite: „Da habe ich schon ganz andere Stürme überstanden.“

Für Riedel ist das Thema nicht vom Tisch, schon allein weil die Stadträte nicht darüber abgestimmt haben. Der Grünen-Vertreter verweist außerdem auf die sehr wohl „rechtskonforme“ Münchner Zweckentfremdungssatzung und die Möglichkeit, den fraglichen Fliesen-Passus zu streichen. Die Grünen dürften sich schwer tun, das Ruder herumzureißen. Mit der SPD hat sich die Mehrheit im Stadtrat von der Satzung abgewandt. Für Fraktionschef Sepp Körbl war diese zuletzt nur noch ein „stumpfes Schwert“.

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