Neu im Netz: Hilfe beim Aufwachsen zwischen zwei Kulturen

5.3.2015, 11:00 Uhr
Neu im Netz: Hilfe beim Aufwachsen zwischen zwei Kulturen

© Horst Linke

Die Kampagnen-Homepage, die jetzt online ging, muss sich noch füllen. Sie soll zum großen, multimedialen Fundus werden, voller Interviews mit Menschen, denen das Ankommen in Fürth geglückt ist, die erzählen, was ihnen dabei geholfen hat und wie sich das eigentlich anfühlt, einen „Migrationshintergrund“ zu haben, wie es oft floskelhaft heißt. Zu Wort kommen sollen in Video- und Audiobeiträgen junge und alte Fürther, die wissen, wie schwierig es sein kann, zwischen zwei Kulturkreisen zu leben. Und wie bereichernd.

Esra zum Beispiel. Sie wird auf der Internetseite vorgestellt, aber schon das ist nicht ganz einfach: „In Deutschland Türkin, in der Türkei Deutsche.“

Die 25-Jährige ist also „Deutsch-Türkin“, in Deutschland geboren als Tochter türkischer Gastarbeiter. Dass sie „ein bisschen anders“ ist als die anderen, habe sie im Kindergarten gar nicht gewusst, sondern erst in der Grundschule gespürt, erzählt sie im Video. Ihr Deutsch war nicht so gut wie das der Mitschüler. Ihre Ängste damals? „Einen schwierigeren Start zu haben als die anderen.“

Zweieinhalb Jahre hat die Plattform www.angekommen-in-fuerth.de Zeit, zu wachsen. So lange läuft das Pilotprojekt des Fürther Jugendmedienzentrums Connect, das das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit 150 000 Euro fördert. Das Geld ermöglicht Connect-Leiter Florian Friedrich und seinen Mitarbeitern, 25 Stunden pro Woche in die Kampagne zu stecken. Sie wollen in Schulen und Vereine gehen und bei Veranstaltungen wie dem Fürth Festival vertreten sein, wollen dort Jugendlichen Kameras und Aufnahmegeräte in die Hand drücken, damit sie Interviews rund ums Thema Integration führen und Fakten bekannt machen: Mehr als 35 Prozent der Fürther haben Migrationserfahrungen.

Gesucht werden für das Projekt nun Gesprächspartner wie Esra. Friedrich hofft, dass sich auch „spannende“ Erwachsene melden, die – trotz oder dank Migrationshintergrund – erfolgreich im Leben stehen. Und die vielleicht sogar Lust haben, das Projekt als Paten länger zu begleiten. „Die Jugendlichen sollen so erfahren, dass es anderen ähnlich gegangen ist wie ihnen“, sagt Friedrich.

Neu im Netz: Hilfe beim Aufwachsen zwischen zwei Kulturen

© Foto: Horst Linke

Gestartet ist das Projekt mit Schülern der Kiderlinschule. Die Mädchen und Jungen aus Syrien, Bulgarien, Tschechien oder Griechenland leben erst seit einigen Monaten in Fürth und besuchen eine sogenannte „Übergangsklasse“ (Ü-Klasse) mit zusätzlichen Deutsch-Stunden. Ihre Interviews und Fotos von ihren Lieblingsorten werden bald auf der Webseite zu sehen sein.

Gedacht ist die Internetplattform nicht nur für Neuankömmlinge, sondern auch für junge Menschen, die in Fürth geboren sind und Eltern mit ausländischen Wurzeln haben. Und für alle, wie in einem Clip zu erfahren ist, die Vorurteile gegen Ausländer haben, „aber intelligent genug sind, sich vom Gegenteil überzeugen zu lassen“. Bis zum Sommer 2017 will das Connect verschiedenste Aktionen auf die Beine stellen. Markenzeichen wird ein „Kampagnen-Mobil“ sein, eine Solar-Rikscha, in der sich ein mobiles TV-Studio verbirgt. Von hier aus sollen die Jugendlichen ihre Beiträge auch mal gleich live im Internet senden – und mit anderen teilen.

Mehr Informationen unter www.angekommen-in-fuerth.de und auf www.facebook.com/angekommeninfuerth. Wer das Projekt unterstützen will, meldet sich unter Tel. 810 98 32 oder per Mail an info@connect-fuerth.de

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