Als Dorfhelferin rund um den Hesselberg unterwegs

25.2.2018, 07:25 Uhr
Als Dorfhelferin rund um den Hesselberg unterwegs

© privat

Die 27-jährige ist Dorfhelferin von Beruf und wird dann gerufen, wenn auf bäuerlichen Familienbetrieben im Kreis Weißenburg-Gunzenhausen das Chaos ausbricht. Also immer dann, wenn die Frau des Hauses ihre Aufgaben nicht mehr übernehmen kann, wegen Krankheit, wegen der Geburt eines Kindes, weil sie auf Kur ist. Oder auch im Todesfall.

Katrin Bauer liebt ihren Beruf. "Eben weil er so vielseitig ist", sagt sie. Vielseitig heißt aber auch: wenig planbar. Mal ist sie nur eine Woche auf einem Bauernhof, dann mal wieder eineinhalb Monate – manchmal aber auch in zwei landwirtschaftlichen Betrieben gleichzeitig, weil die Familien keine Vollzeit-Dorfhelferin genehmigt bekommen, sondern nur ein paar Stunden pro Tag.

Dann ist sie morgens bei Familie A, erledigt dort Teile des Haushalts, kocht Mittagessen und fährt dann weiter zu Familie B, bereitet auch dort noch schnell ein spätes Mittagessen zu, ehe sie sich um die Kinder kümmert und nebenbei noch die Hausarbeit macht.

Die Not auf den Höfen

Die 27-Jährige ist eine "Hesselberg-Dorfhelferin", angestellt beim Dorfhelferinnendienst des Evangelischen Bildungszentrums (EBZ). Seit 60 Jahren gibt es diesen Dienst inzwischen. Gegründet wurde er nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges, weil die Pfarrer auf dem Land "die Not auf den Bauernhöfen gesehen und nach Lösungen gesucht haben", sagt Brigitte Seeberger, Referentin des Dorfhelferinnendienstes.

Doch einfach ledige junge Frauen ohne Rüstzeug auf fremde Bauernhöfe zu schicken, war nie der Plan: "Von Anfang an wurde Wert auf eine gute Ausbildung gelegt – und auf die Trennung von Job und Privatleben."

Das heißt: Weder Katrin Bauer noch ihre Vorgängerinnen wohnen auf den Betrieben, in denen sie zur Hand gehen – sie kommen morgens und gehen abends wieder. "Man ist bis zu 40 Stunden pro Woche auf einem Hof im Einsatz, da tut ein bisschen Abstand abends ganz gut", sagt sie. Denn oftmals finden ihre Einsätze in Ausnahmesituationen statt.

Ganz besonders belastend sind Todesfälle oder schwere Erkrankungen. "Man muss einerseits damit klar kommen, dass man da gerade die Aufgaben von jemandem übernimmt, der das nicht oder nie mehr kann. Und man erlebt die Trauer, die Ängste der Familie, womit man umgehen muss."

Dafür werden die Hesselberg-Dorfhelferinnen gezielt ausgebildet – und das weiß man natürlich bei den Maschinenringen, Diakoniestationen und Dekanaten, die für die Einsatzplanung der Frauen zuständig sind. "Wir kennen unsere Familienbetriebe und die Dorfhelferinnen gut", erläutert Richard Ortner vom Maschinenring Weißenburg-Gunzenhausen.

Es gebe natürlich auch "nicht so unkomplizierte Familien". Für Einsätze dort seien die Fachkräfte vom Hesselberg "Gold wert". Weil es aber immer weniger Dorfelferinnen gibt, vermittle man auch Betriebshelfer in die Betriebe. Die allerdings haben keine Zusatzqualifikation im sozialen Bereich.

Dass Dorfhelferin kein so nachgefragter Beruf mehr ist, das wissen sie auch am Hesselberg. Die dortige Dorfhelferinnenschule liegt aktuell im Dornröschenschlaf. "Wir wollen 2019 wieder starten", sagt Brigitte Seeberger. Aber ob das klappt, wird sich erst noch weisen. Momentan suche man mit den beiden weiteren Dorfhelfer-Schulen in Oberbayern nach einer gemeinsamen Zukunft.

Momentan hat Hesselberg-Dorfhelferinnendienst noch etwa 40 Frauen angestellt, einige davon sind derzeit in Elternzeit. Sie sind vor allem in Mittel- und Oberfranken im Einsatz, einige auch im südlichen Unterfranken und im nördlichen Schwaben, sagt Seeberger.

Johanna Wiegel ist bereits seit 1981 Dorfhelferin. Sie kommt wie auch Katrin Bauer selbst aus einem landwirtschaftlichen Familienbetrieb. Die Arbeit hat sich in den vergangenen fast vier Jahrzehnten teils stark verändert. Während im Haushalt noch vieles wie früher sei, "hat sich in der Landwirtschaft viel getan", sagt sie.

Die noch bestehenden Betriebe würden immer größer, die Arbeit körperlich anstrengender, die Geräte in der Bedienung komplexer. "Ich muss mich in meinem Alter nicht mehr auf einen 200 000-Euro-Schlepper setzen, das können andere besser", sagt sie. Dafür hätten die meisten Landwirte durchaus Verständnis.

Weshalb der Beruf immer weniger junge Frauen interessiert – da sind alle etwas ratlos. "Flexibilität wird auch in anderen Berufen gefordert", sagt Wiegel. Und ihre jüngere Kollegin Katrin Bauer kann dem ganzen auch Positives abgewinnen: "Ich kann meine Überstunden ja abbauen. Dann habe ich unter der Woche frei, ganz ohne Urlaubstage nehmen zu müssen."

Die Nähe zu den Menschen, die Intensität der Kontakte, das finden beide schön. "Wir sind keine Seelsorger, aber wir hören zu. Oder wir sind einfach da. Das hilft vielen Menschen schon", sagt Dorfhelferin Bauer. Und Wiegel ergänzt: "Unser Glaube ist eine große Stütze."

DANIEL STAFFEN-QUANDT/epd

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