Ausstellung im Spielberger Sudhaus

28.4.2015, 17:00 Uhr
Ausstellung im Spielberger Sudhaus

© Guthmann

Drei Voraussetzungen für den Erfolg sind zu nennen: Zum Ersten ist da das Quodlibet-Trio, bestehend aus dem Maler Jochen Lebert, der Bildhauerin, Zeichnerin und Papierschnitt-Künstlerin Susanne Jost und dem Grafiker und Maler Klaus Selz. Alle drei verstehen es, die Beseeltheit ihrer Motive glaubwürdig und nachvollziehbar zu transportieren. Zum Zweiten wagt die Hängung in den beiden oberen Stockwerken des Sudhauses Zusammenstöße von künstlerischen Stilen und Techniken – an dieser Zusammenschau hat das Trio tagelang gefeilt. Zum Dritten ist das Sudhaus für einen Schnelldurchlauf und den Kunstgenuss im Vorüberflanieren vollends ungeeignet – ein Glücksfall.

Es ist die fünfte Ausstellung „Kunst im Sudhaus“, zu der Walburga Gentner die vielen Gäste bei der Ausstellungseröffnung im Gasthof Gentner begrüßte. Sie dankte den Künstlern, die sich gemeinsam auf den Weg gemacht hatten, das Sudhaus, ein ehemaliges Industriegebäude, mit ihren Werken spannungsreich auszustatten. Lobende Worte fand die Gastgeberin auch für das Gitarrenduo Bernd Wecera und Herwig Högner, die vom Gewölbesaal im Erdgeschoss aus der Ausstellung den richtigen Sound mitgaben. Wecera textet selbst, und passend zum Start für den Ausstellungsrundgang wünschen die beiden Musiker „eine inspirierende Zeit“.

Was es mit dem Titel der Ausstellung „Quodlibet“ auf sich habe, erläuterte Jochen Lebert. Ein Quodlibet sei ein aus verschiedenen Teilen willkürlich zusammengesetztes Ganzes. Doch es handelt sich bei einem Quodlibet nur um eine scheinbare Willkür: die Vereinigung scheinbar fremdester Dinge zu einem unterhaltsamen Bild, das Gedankensprünge nicht zu scheuen braucht.
Den Begriff „Routiniers“ benutzte Jochen Lebert zur Vorstellung der Künstler nicht, doch wies er als Gemeinsamkeit der drei Ausstellenden auf die akademische Ausbildung und die langjährige handwerkliche Erfahrung hin. In Susanne Josts Biografie liest sich das so: Studium der Bildhauerei an der Akademie der Bildenden Künste München, sieben Jahre Mitarbeit bei der filigranen Restau­rierung des Spiegelkabinetts der Residenz Würzburg, Hinwendung zu einer plastischen Darstellungsweise in der Malerei, Rückkehr zur Fläche mittels der Papierschnitt-Technik.

Im Sudhaus zeigt Susanne Jost ihre bildhauerischen Qualitäten anhand von neun Tonbüsten und erntete dafür höchstes Lob von ihrem Künstlerkollegen Lebert: „Die Ausstellung lebt von den plastischen Elementen!“ Auch als Zeichnerin versteht sie es, die Stofflichkeit und Zerbrechlichkeit der Bildgegenstände einzufangen.

Als meisterhaft in Gestaltung und Technik müssen Susanne Josts Papierschnitte gewürdigt werden. In den Himmel ragende Baumwipfel oder die Blatt- und Blütenstrukturen einer Calla werden in filigranen Schnittfiguren erfasst, die aus einem einzigen Kartonbogen – oder einem zweiten Bogen bei den dreifarbigen Arbeiten – geschnitten sind. Aus den beiden Sätzen des italienischen Sprichwortes „L’amore fa passare il tempo e il tempo fa passare l’amore“ (Die Liebe lässt die Zeit vergehen, die Zeit lässt die Liebe vergehen) baut sie in zwei Papierschnittwerken ein Textmonument, an dessen Stabilisierung sich ihre Figuren abmühen. Vor diesen beiden nicht auf den ersten Blick zu entschlüsselnden Bildern versammelten sich während der Ausstellungseröffnung meist mehrere Besucher.

Klaus Selz studierte Grafik und Malerei an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg, betreibt seit Langem in Gunzenhausen ein erfolgreiches Grafikbüro und profiliert sich als ein Gestaltungskünstler, der mit seiner Freude an Farbexperimenten immer wieder für Überraschungsmomente sorgt. Hinter den großformatigen Drucken steckt große malerische Energie, und in der besonderen Umgebung, den bewusst nicht perfekt ausgeleuchteten Sudhausräumen scheinen seine Bilder als eigene Leuchtquellen zu fungieren.
Mit der Reihung von vier Silhouettenbildern „Versuchung“, „Grod nu die Kurvn gratzt“, „Magischer Tanz“ und „Black and White“ setzt er einen faszinierenden Kontrapunkt zu seinen neuen sphärischen Bildern wie „Begegnung“ oder „Zielort“. Ob er sich nun motivisch in der Welt der Sagen, der lasziven Evas, in Meerestiefen oder Sternenstaubwelten bewegt, immer bleibt die Dynamik der Bildgestaltung als Selz’sches Markenzeichen erkennbar.

Der in Sammenheim lebende Künstler Jochen Lebert hat bei der Bildauswahl einen Schwerpunkt auf die Landschaftsmalerei gelegt. Er wählt unter anderem auch die Felderlandschaft und die Wäldchen der Sammenheimer Flur als Motiv. Wenngleich sich der Künstler mit Skizzenblock oder Fotoapparat auf den Weg macht, um so in die Landschaftsdarstellung einzusteigen, darf man ihn nicht als Porträtist einer Landschaft missverstehen.

 „Der kleine Wald“ scheint sich wie ein Monolith ins Bild platziert zu haben. Die Dunkelheit des Waldrands erzählt von einer Schattenwelt, der der Maler eine Aura der Undurchdringlichkeit gibt. Die Flächenproblematik von Ackerfurchen, das Helle, der Schatten, eine einzelne Farbe schienen Jochen Lebert zu einem malerischen Diskurs herauszufordern, in dem der an der Münchner Kunstakademie ausgebildete Künstler die Deutungshoheit über die Landschaft gewinnt.

Stillleben und Impressionen von verlassenen Gebäuden wie der Auhausener Mühle oder „Goppelts Haus“ in Wachstein kurz vor dem Abriss gehören ebenfalls zu Jochen Leberts Repertoire im Sudhaus. Als dritter Schwerpunkt lässt sich die mit drei Bildern vertretene Serie „Berlin Mitte“ ausmachen, in denen Graffiti-Elemente eingearbeitet sind.

Ein Teil der Lebert-Bilder ist in den besonders dunklen Winkeln des Sudhauses untergebracht. „Müssen die Leute halt genau hinschauen“, mögen sich die Ausstellungsmacher gedacht haben. Viele Besucher fanden gerade die Beleuchtungsunterschiede interessant, manch einem war’s aber doch zu finster. Walburga Gentner betonte, hier noch Verbesserungen vorzunehmen.
Die Ausstellung im Sudhaus des Gasthofes Gentner in Spielberg ist bis zum 31. August zu den Öffnungszeiten des Gasthofs von Mittwoch bis Sonntag und an allen Feiertagen von 11.30 bis 14 Uhr und von 17.30 bis 21 Uhr geöffnet.

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