Bei Pleinfeld entsteht Notaufnahmelager für Flüchtlinge

31.10.2014, 06:00 Uhr
Bei Pleinfeld entsteht Notaufnahmelager für Flüchtlinge

© Stephan

Wo einst bei „Schnäppchen Fritz“ billige Möbel verkauft wurden, ziehen schon am Mittwoch nächster Woche die ersten von etwa 150 Flüchtlingen und Asylsuchenden ein. Das verkündete gestern Landrat Gerhard Wägemann, und er war sichtlich froh, diese Lösung gefunden zu haben: „Wir haben intensiv gesucht und schließlich diese Liegenschaft gefunden“, sagt er. Und fügt hinzu: „Damit können wir uns sehen lassen.“

In der Tat war es eine Herausforderung für Wägemann und die Mitarbeiter seiner Behörde, binnen weniger Tage eine Unterkunft für eine solche Zahl von Flüchtlingen zu finden. „Vor zwei Wochen kam von der Staatsregierung per Telefon die Ankündigung, dass wir ab 4. November für etwa ein halbes Jahr eine entsprechend große Notaufnahmeeinrichtung einrichten müssen“, sagt der CSU-Politiker. Daraufhin habe er umgehend die Rathaus-Chefs der größeren Gemeinden im Landkreis zum Gespräch gebeten – und sich auf die Suche gemacht.

Dabei lag sein Augenmerk zunächst auf Weißenburg, allein schon wegen der Nähe zum zuständigen Landrats­amt. Er habe mehrere Objekte ins Auge gefasst und auch die „Autorität meines Amtes eingesetzt“ – blieb aber zunächst erfolglos. Mal war die Immobilie nicht frei, mal wünschte sich der Eigentümer eine längere Pachtzeit, mal sorgte er sich, in welchem Zustand er sein Eigentum wohl zurückbekommen werde.

Die Wahl fiel schließlich auf die ehemalige Möbelhalle in unmittelbarer Nachbarschaft zum früheren „Möbel Reichart“. Sie sei „gut geeignet“, um die erwarteten 150 Flüchtlinge, die in der Zentralen Erstaufnahmeeinrichtung für Asylbewerber in Zirndorf (ZAE) keinen Platz finden, vorübergehend aufzunehmen (siehe Kasten). Es gebe reichlich Platz für die Wohn-Parzellen der Bewohner, für Aufenthalts- und Essplätze sowie für einen Spielbereich.

Die Wohneinheiten für die Flüchtlinge sind rund 25 Quadratmeter groß und durch Bauzäune mit Sichtschutz von den Nachbarparzellen getrennt. „So versuchen wir, eine größtmögliche Privatsphäre für die Menschen zu schaffen“, sagt der im Landratsamt für „Soziales und Senioren“ zuständige Sebastian Münch, bei dem in Sachen Notaufnahmeeinrichtung alle Fäden zusammenlaufen. Man versuche, in den mit vier bis fünf Stockbetten bestückten Arealen Familien so unterzubringen, dass „jede ihren eigenen Bereich bewohnen kann“.

Auf dem Freigelände des ehemaligen Möbel-Discounters, das komplett eingezäunt und rund um die Uhr bewacht werden wird, entstehen zusätzliche Einrichtungen: Duschen, Toiletten, eine Einrichtung zur medizinischen Eingangsuntersuchung und Notfallversorgung sowie ein kleines Büro, in dem zumindest in den ersten Tagen Mitarbeiter des Landratsamtes ständig vor Ort sein werden.

Die Ausstattung der Notaufnahmeeinrichtung mit Möbeln, Sanitär einrichtungen und Sicherheitspersonal erledigt übrigens ein Dienstleister mit einschlägigen Erfahrungen. „Er genießt einen tadellosen Ruf“, beteuert Gerhard Wägemann. Man habe sich andernorts natürlich gezielt danach erkundigt, um Zustände wie in Nordrhein-Westfalen, wo Flüchtlinge von privatem Sicherheitspersonal gequält worden waren, zu verhindern.

Verpflegt werden die Menschen durch einen Caterer, der jeweils mittags ein warmes Essen anliefert und dabei auch das Abendessen sowie das Frühstück für den nächsten Tag dabei hat.

Im Landratsamt wird derzeit auch geprüft, ob man eine Buslinie über Pleinfeld nach Weißenburg eingerichtet wird, weil die Einrichtung an der Mackenmühle, wie Sebastian Münch einräumt, „doch relativ abgelegen ist“. Und Wägemann ergänzt: „Man muss den Leuten auch mal die Möglichkeit geben da rauszukommen; man kann sie nicht komplett kasernieren.“ Der Bedarf für eine solche Buslinie sei freilich noch unklar: „da müssen wir abwarten, bis die Leute da sind.“

Pleinfelds Bürgermeister Markus Dirsch ist zwar nicht glücklich über das Flüchtlingsheim auf seinem Gemeindegebiet und hält den Standort für „nicht ideal“. Aber, so fährt er fort, man wisse ja schon aus der Weihnachtsgeschichte: „Die Suche nach einer passenden Krippe war schon immer schwierig.“ Es komme aber jetzt darauf an, sich das Wichtigste klarzumachen: „Es geht um Menschen, um Schicksale. Und die Menschlichkeit gebietet es, dass wir uns kümmern.“ Er jedenfalls versuche sein Bestes, und er appelliere an die Kirchen und andere Einrichtungen, dabei mitzuhelfen.

Die Anwohner der Notaufnahmeeinrichtung, so Landrat Wägemann, seien am gestrigen Donnerstag per Brief darüber informiert worden, was in ihrer Nachbarschaft passiere. Und der Politiker richtet an sie einen eindrucksvollen Appell: „Nehmen Sie diese Situation gelassen an. Hier kommen keine Mörder, Vergewaltiger oder Räuber, sondern Menschen, die eine schwierige Zeit hinter sich haben und denen wir helfen müssen.“

Besser kann man es nicht sagen.

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