Bienen-Volksbegehren: "Mich haut es aus den Socken"

14.2.2019, 15:00 Uhr
Die Bienen im Fokus: Die Diskussion um den Artenschutz habe ein ungeheures Ausmaß und eine Dynamik gewonnen, findet ÖDP-Kreisvorsitzender Reinhard Ebert.

© Hans-Joachim Winckler Die Bienen im Fokus: Die Diskussion um den Artenschutz habe ein ungeheures Ausmaß und eine Dynamik gewonnen, findet ÖDP-Kreisvorsitzender Reinhard Ebert.

Satte 17,6 Prozent der knapp 72 000 Wahlberechtigen lockten die Initiatoren in die Rathäuser, um des Gesetzentwurf des Volksbegehren mit einer Unterschrift zu unterstützen — kaum weniger als im landesweiten Durchschnitt (18,4 Prozent). Lediglich zehn Prozent wären für einen Erfolg notwendig gewesen, ein Wert, der nur in einer einzigen Landkreisgemeinde unterschritten wurde; In Dittenheim unterschrieben lediglich 8,98 Prozent der 1425 Stimmberechtigten.

Spitzenreiter waren Muhr am See (26,06 Prozent), Markt Berolzheim (25,02) und Höttingen (22,95) — Ergebnisse, wie sie landesweit allenfalls in Großstädten erzielt wurden.

"Mich haut es aus den Socken", jubelte Reinhard Ebert gestern im Gespräch mit dem Altmühl-Boten. Für den Kreisvorsitzenden der ÖDP, dessen Partei das Volksbegehren maßgeblich getragen hatte, ist die Höhe des Ergebnisses "eine absolute Überraschung", mit der er zu Beginn der Kampagne nicht gerechnet hatte: "Ich war skeptisch", räumt er ein. Die Diskussion um den Artenschutz habe jedoch "ein ungeheures Ausmaß und eine Dynamik angenommen, die ich persönlich nie erwartet hätte". Im Landkreis habe es "eine breite Bewegung pro Volksbegehren gegeben", in der sich sehr viele Einzelpersonen eingebracht hätten.

Die Menschen hätten klargemacht, "dass jetzt endlich etwas passieren muss", so Ebert: "Es müssen klare, wirksame Maßnahmen her." Seiner Ansicht nach sei damit auch die "Freiwilligkeitsleier" der Landwirte passé, die habe "über Jahrzehnte hinweg bewiesen, dass sie nichts bewirkt". Er könne den Bauern nur raten, "den neuen Weg mitzugehen. Denn das bisherige System der Landwirtschaft hat gezeigt, dass es nicht funktioniert". Das müsse auch der Bayerische Bauernverband (BBV) einsehen.

Bienen-Volksbegehren:

© Foto: ALE Ansbach

Einen für alle Beteiligten Kompromiss am sogenannten Runden Tisch, den Ministerpräsident Markus Söder eilig einberufen hatte, als sich der Erfolg der "Bienenretter" abzeichnete, hält er zwar für "wünschenswert; aber ob das machbar ist, weiß ich wirklich nicht". Auf jeden Fall, so Ebert, sollte das Ergebnis "den Leuten zu denken geben. Und wenn die Regierung nicht völlig abgehoben ist, wird sie ein Angebot machen".

Des einen Freud, des anderen Leid: Für Friedrich Rottenberger ist das Votum eine ganz bittere Pille. "Ein Erfolg für die Initiatoren, über dessen Höhe ich schon überrascht bin", kommentierte der Obmann des BBV-Kreisverbandes gestern das eindeutige Ergebnis. Und: "Es ist ein Misstrauensvotum gegenüber uns Landwirten, das extrem schmerzhaft ist."

Das Resultat gebe zu denken, räumt Rottenberger ein, "auch darüber, warum wir bei der Bevölkerung so viel Vertrauen eingebüßt haben, obwohl wir schon so viel für den Artenschutz und die Gewässer tun". Einige Schuldige hat der Pfofelder Landwirt schon ausgemacht: "In den letzten Jahren haben sich viele Politiker und Verbände auf uns eingeschossen, und das ärgert mich. Wir sind der Buhmann der Nation."

"Bauern sollen es rausreißen"

Klar, dass er seinen Berufsstand ungerecht behandelt sieht: "Wenn man etwas für den Artenschutz tun will, dann sollte man das mit einem anderen Ansatz tun", fordert er, "dann darf man nicht alles auf die Landwirte schieben. Man kann nicht alles zubetonieren – und die Bauern sollen es dann rausreißen." Er sieht den Artenschutz als eine Aufgabe für alle, und er ist überzeugt: "Wenn alle Unterzeichner sich praktisch für den Artenschutz engagieren würden, wäre mehr geholfen als mit diesem Volksbegehren."

Bienen-Volksbegehren:

© Foto: ÖDP

Rottenberger glaubt auch, "dass viele Unterzeichner gar nicht wirklich wissen, wofür sie da genau gestimmt haben". Wenn man nämlich mit den Leuten persönlich spreche, komme heraus, "dass ihnen manches, was wir für problematisch halten, gar nicht klar war".

Der Bauernfunktionär hofft nun auf den bereits angesprochenen Runden Tisch beim Ministerpräsidenten. "Ich hoffe, dass dort die schlimmsten Auswirkungen des Gesetzentwurfes abgemildert werden", sagt er. Einen Kompromiss, mit dem alle Seiten leben können, hält auch er für wenig wahrscheinlich: "Die Initiatoren werden wohl keine Abstriche an ihrem Antrag akzeptieren, um ihr Gesicht nicht zu verlieren." Und in der Tat haben ja bereits etliche ihrer führenden Köpfe bekundet, keinesfalls hinter gerade von fast jedem fünften Bayern gutgeheißenen Gesetzestext zurückfallen zu wollen.

Ähnlich wie Rottenberger befürchtet auch der CSU-Landtagsabgeordnete Manuel Westphal (CSU) bei einer Umsetzung des Volksbegehrens "gegenteilige Effekte" durch manche strenge und in der Praxis nicht immer alltagstaugliche Regelungen. Westphal ist Mitglied im Landtags-Ausschuss Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, wird aber nicht mit am Runden Tisch Platz nehmen: "Da sitzen der Vorsitzende und sein Stellvertreter – aber wir werden uns natürlich abstimmen".

Aus seiner Sicht müsse der Artenschutz auf eine breitere gesellschaftliche Basis gestellt werden: "Diese Herausforderung müssen wir gemeinsam anpacken". Mehr Biolandbau wäre gut, "doch der Markt dafür muss vorhanden sein".

Sprich: Hier ist der Verbraucher in der Pflicht, seiner Unterschrift nun auch Taten folgen zu lassen.

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