Blick in die Räume der Frömmigkeit

4.3.2015, 13:00 Uhr
Blick in die Räume der Frömmigkeit

© Eisen

Ein nicht ganz einfaches Thema, da es, wie Anne Müller gleich zu Beginn  ihres Referats erklärte, kaum Forschungen und gesicherte Ergebnisse zu diesem Thema gibt. Während das Mönchtum bereits in der Frühkirche bekannt war und in Europa im 4. Jahrhundert erste Klöster errichtet wurden, war es Frauen noch lange verwehrt, in einer Klostergemeinschaft zu leben. Zwar gab es in der Frühkirche eine Reihe von Frauen, die als „geweihte Jungfrauen“ ihr Leben der Religion widmeten, sie lebten jedoch bei ihren Familien.

In der westlichen Kirche wurde erst 512 das erste Nonnenkloster in Arles von Caesarius von Arles geweiht, der dort seine Schwester Caesaria als Äbtissin einsetzte. Als Verfechter einer strengen Klausur verfasste er für die Nonnen ein erstes Regelwerk. Dabei legte er Wert auf strenge Disziplin und Abgeschiedenheit der Frauen. Diese Grundhaltung der römisch-katholischen Kirche den Nonnenklöstern gegenüber hat sich bis in die Neuzeit gehalten. Die Klausur, der geweihte Klosterbereich, war für weltliche Personen unzugänglich.

Begründet wurde diese Regelung damit, dass die Frauen vor der Außenwelt geschützt werden sollten, wobei im 13. Jahrhundert ein Papst die strenge Klausur sogar damit begründete, dass die Welt vor den Nonnen geschützt werden soll. Ein Zeichen, dass der Stellenwert von Frauen in der römisch-katholischen Kirche nicht hoch angesiedelt war, so Anne Müller weiter. Die Gründung von Nonnenklöstern und ihr Anschluss an bereits bestehende Männerorden war lang und schwierig, weigerten sich manche Orden doch über lange Zeit, weibliche Gemeinschaften zuzulassen.

In einem kurzen Schwenk ging die Referentin auf das Heidenheimer Kloster ein, das in der Zeit von 761, dem Tod von Klostergründer Wunibald, bis 779, dem Tod seiner Schwester Walburga, als Doppelkloster geführt wurde. Doppelklöster waren vor allem in der Iroschottischen Kirche eine Lebensform von Nonnen und Mönchen, also häufig in Irland und England zu finden. Die bekanntesten waren wohl das Kloster von Whitby und Kildare. Das Besondere hierbei war, dass die Äbtissin zugleich Leiterin des Männerklosters war.

Mönche und Nonnen der Iroschottischen Kirche lebten zudem nicht in strenger Klausur wie Mönche und Nonnen der römisch-katholischen Glaubensrichtung, denn Missionierung war eines ihrer Glaubensziele. Allerdings wurden Doppelklöster bereits kurz nach der Gründung des Heidenheimer Doppelklosters durch das Konzil von Nizäa 787 verboten.

In Heidenheim lebten während der 18-jährigen Amtszeit von Walburga vor allem angelsächsische Nonnen. Wie die Klosteranlage zu dieser Zeit ausgesehen haben mag, ist historisch nur unzureichend belegt. In anderen Doppelklöstern war es wohl so, dass die Frauen im Nordteil der Anlage ihre Räume hatten, während die Männerräume im Süden lagen. Die gemeinsamen Kirchen wurden der Länge geteilt. Begegnungspunkte der beiden Geschlechter gab es kaum. Während sich für den Klosterbau auf dem Kontinent der rechteckige Bau mit Kreuzgang durchsetzte, gab es in den frühen irischen Klöstern mehr Rundbauten, die als Zellen für die Mönche oder Nonnen dienten, stellte Anne Müller fest.

Die bauliche Anlage der Klöster war relativ frei und richtete sich nach örtlichen Gegebenheiten oder den jeweiligen Vorgaben der Amtskirche, zum Beispiel bei den Schlafräumen. War es zunächst die Regel, dass die Mitglieder der Gemeinschaft einzeln wohnten, wurden später gemeinsame Schlafräume eingerichtet, dabei spielte nicht nur das Gelübde zur Besitzlosigkeit eine Rolle, sondern es ging auch um die Sexualfeindlichkeit der römischen Kirche. Im späteren Mittelalter wurden dann wieder Zellen für die einzelnen Ordensmitglieder eingerichtet. Die Schlafräume waren dabei schlicht und einfach gehalten, sie sollten die Ordensmitglieder gedanklich nicht von ihren Glaubensübungen abhalten.

In den Nonnenklöstern gab es im späteren Verlauf des Mittelalters noch eine Besonderheit, wie die Referentin zu berichten wusste: Die Frauen hatten „Christkindpuppen“ in ihren Klöstern, die je nach Reichtum des Klosters aufwendig geschmückt waren und von den Nonnen „verhätschelt“ wurden. Sie kleideten die Puppen ein, betteten sie in Steckkissen und die Puppen spielten eine Rolle in der Liturgie des Gottesdienstes. Zum Teil gehörten sie später zur Aussteuer von Novizinnen. Dabei waren die Figuren nicht nur Ausdruck der Frömmigkeit, wie Anne Müller vermutete, sondern Ausdruck der gerade im Hochmittelalter sehr fundamental christozentrischen Frömmigkeit von Nonnen, die vor allem auf das Erdenleben von Christus konzentriert war. Geburt und Passion spielten eine große Rolle und wurden zum Teil sogar in erotischen Bildern ausgedrückt.

Susanne Feller-Köhnlein, Vorsitzende des Klosterforums, bedankte sich anschließend bei Anne Müller für ihren lebhaften Vortrag und lud die Gäste ein, den „Walburgatag“ im sogenannten Singraum bei gemeinsamen Gesprächen ausklingen zu lassen.

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