Zukunftsinitiative ebnet Weg auf Arbeitsmarkt

8.10.2015, 08:00 Uhr
Zukunftsinitiative ebnet Weg auf Arbeitsmarkt

© Marianne Natalis

Darauf zielt laut dem stellvertretenden Landrat Robert Westphal das bayernweit einzigartige Projekt „Fit für Deutschland – Fit für den Beruf“ in Weißenburg-Gunzenhausen ab. Mit seiner Hilfe wurden bereits fünf Flüchtlinge in Arbeit gebracht.

967 Asylsuchende leben derzeit im Landkreis, 614 wohnen in den Flüchtlingsunterkünften, 44 sind unbegleitete Minderjährige, 309 sind noch in den Notaufnahmeeinrichtungen Mackenmühle und Treuchtlingen untergebracht. Für all diese Menschen wollte man am Landratsamt „mehr tun als sie zu registrieren und zu untersuchen“, schildert Westphal die Beweggründe von Kathrin Kimmich, der Leiterin der Zukunftsinitiative Altmühlfranken (ZIA), und Dorothee Bucka, Leiterin der Freiwilligenagentur am Landratsamt, die das Projekt initiiert haben.

Wer länger als drei Monate im Land ist und Aussicht auf Bleiberecht hat, dem steht der Arbeitsmarkt unter bestimmten Voraussetzungen offen. Doch die wenigstens Flüchtlinge wissen das. Und sie wissen schon gar nicht, was sie tun müssen, um in diesen Arbeitsmarkt zu kommen. Die Flüchtlinge auf dem kurzen Dienstweg durch den Bürokratiedschungel zu führen und ihnen eine Brücke zur Agentur für Arbeit zu schlagen, war deshalb das Ziel des Projekts, das von Bucka und Sina Scheiblhofer (Zukunftsinitiative) betreut und von zahlreichen Ehrenamtlichen unterstützt wird.

Schnell war klar, dass es überregional kein Förderprogramm für ein solches Angebot gibt, schildert Kimmich bei einem Pressegespräch im Landratsamt. Deshalb suchten Kimmich und Bucka das Gespräch mit den betroffenen Behörden und schnürte ein auf den Landkreis zugeschnittenes Paket.
Zunächst erhielten die 24 jungen Männern, die für das Projekt ausgewählt wurden, Deutschunterricht. Denn Sprachkenntnisse sind eine grundlegende Voraussetzung, um auf dem hiesigen Arbeitsmarkt zu bestehen. Das wissen auch Ahmed und Abdulrahim. Die beiden 22-jährigen Äthiopier haben über das Projekt in Veronika Ortega, die in der Flüchtlingshilfe Wald aktiv ist, eine versierte Lehrerin gefunden. Noch sprechen sie etwas holprig, doch das wird sich sicher in absehbarer Zeit ändern, denn die beiden haben hohe Ziele: Sie haben bereits in ihrer Heimat studiert und wollen das nun in Deutschland fortsetzen.

Das zweite Standbein des Projekts ist das Profiling. Welche schulische Bildung, welche beruflichen Vorkenntnisse und Kompetenzen, welche so genannten soft skills bringen die Asylbewerber mit? Das  herauszufinden ist die Aufgabe von Sina Scheiblhofer und ihren freiwilligen Helfern, die zu ehrenamtlichen Profilern geschult wurden. Oft sind mehrere Stunden notwendig, um hier ein exaktes Profil zusammen zu stellen und damit herauszufinden, welche Job der passende ist.

Mit diesem Profil geht es zur Agentur für Arbeit, wo die Flüchtlinge als arbeitssuchend registriert werden. Gleichzeitig wird die Ausländerbehörde eingeschaltet, die die Arbeitsgenehmigung erteilen muss. Sind diese beiden Voraussetzungen gegeben, kann dem Asylsuchenden eine Stelle vermittelt werden.

Dank der mit Hilfe des Projekts guten Zusammenarbeit der Behörden kann das sehr zügig gehen. „Wir sind schnell“, sagt denn auch Ute Ernst, die in der Agentur für Arbeit das Bindeglied zum Projekt ist. Das notwendige Okay von der Zentrale in München „kriegen wir im Zweifel innerhalb von einer halben Stunde“. Auch von Seiten der Ausländerbehörde werden, wenn es das Gesetz erlaubt, keine unnötigen Steine in den Weg gelegt. Im Gegenteil, „wir schikanieren nicht“, betont Abteilungsleiter Artur Berk.

Das kann Marco Stenglein, der Leiter des Gunzenhäuser Verpa-Werks nur bestätigen. Zwei Asylbewerber fanden über dieses Projekt eine Arbeit in dem Betrieb. Ein junger Äthiopier hat im September eine Lehre als Maschinen- und Anlagenführer begonnen, zudem arbeitet eine Ukrainierin – die einzige Frau in dem Projekt – in der Produktion. Von großem Wert sind laut Stenglein dabei auch die Jobpaten, die den Flüchtlinge zur Seite gestellt werden. Sie helfen etwa bei der Erledigung des Papierkrams weiter.

In der Pflege, in der Gastronomie oder am Bau, überall dort, wo Arbeitgeber händeringend Personal suchen, ist die Bereitschaft groß, Asylbewerber einzustellen. Zumal diese meist hochmotiviert an die Arbeit gehen. Allerdings mahnt Ute Ernst zur Geduld. Bis die große Masse der Asylsuchenden fit für den hiesigen Arbeitsmarkt sind, braucht es „einen längeren Atem“.

Dennoch wird das Projekt in seiner jetzigen Form nicht weitergeführt. Das liegt aber vor allem daran, dass ab Ende Oktober die Agentur für Arbeit Deutschkurse für Flüchtlinge anbieten kann. Innerhalb von 12 Wochen erhalten die Teilnehmer nicht nur Einblick in die deutsche Sprache, sondern können auch ein Praktikum in einem Betrieb absolvieren. Bisher stand für solche Kurse kein Geld zur Verfügung, nun hat das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge eine entsprechenden Finanztopf eingerichtet.

Weiterhin werden aber ehrenamtliche Profiler und Jobpaten über die Freiwilligenagentur zur Verfügung stehen.  Sina Scheiblhofer und Dorothee Bucka bleiben Ansprechpartner und wollen auch künftig dazu beitragen, die Distanz zwischen Flüchtling und Arbeitsamt zur überwinden.

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