„Casanova“ begeistert in Wolframs-Eschenbach

10.8.2014, 15:56 Uhr
„Casanova“ begeistert in Wolframs-Eschenbach

© Schachameyer

„Frisch, frech und frivol“ widmet sich das Wolframs-Eschenbacher Sommertheater mit Giacomo Casanova (1725–1798) einer der wohl schillerndsten Figuren der europäischen Geschichte. Dabei zeichnet Klaus Michael Tkacz alias „Jakob Neuhaus“ den gesamten Lebensweg des berühmt-berüchtigten Venezianers als Ein-Mann-Ensemble nach. Es ist die „Geschichte um die Geschichte“, denn Neuhaus wähnt sich als Nachfahre Casanovas und bringt deshalb für dessen Biografie ein Stück mehr Begeisterung mit als für die Wolframs-Eschenbacher Deutschordensmönche, über deren Wirken er eigentlich eine Ausstellung machen wollte. Immerhin sind die Mönche längst alle tot, Casanova aber, der lebt!

Ganz allein mit dem Casanova-Stoff ist Tkacz aber doch nicht. Seine Assistentin „Frau König“ (Linda Trillhaase) begleitet und verstärkt die Szenen musikalisch – mal mit Violine und Viola, dann auf dem Akkordeon. Zuerst gibt sie sich widerwillig, später geht das Temperament mit ihr durch.

Und dann ist da noch die Truhe. Von wegen Ausstellungsutensilien: Da sind mehrere lebensgroße Venezianer drin. So lässt Tkacz im wahrsten Sinn des Wortes die Puppen tanzen. Immer wieder übernimmt er auch selbst die Rolle des Casanova, steigt die Leiter hinauf und predigt oder triumphiert am Ende des ersten Teils hoch oben über die Bleikammer, der er entronnen ist.

Casanovas Leben ist eine Abfolge von Tragik und Triumph, Liebeleien, Flucht und Wanderschaft. Der Liebe verfällt der Verführer mehrmals heftig. Doch sogar damit kommt Klaus Michael Tkacz prächtig allein klar, ohne eine wilde Bettszene auszulassen. Mal fliegen die Haare einer blonden Perücke, dann sein eigener dunkler Schopf. Es tauchen gespreizte Beine auf, und alles spielt sich hinter einem weich fließenden Laken ab, das mächtig wogt. Ein bisschen Dialog und Geräusche noch, und fertig.

Nach der Pause und dem Entkommen aus der Bleikammer der Inquisition beginnt Casanovas Wanderschaft. Es ist die Stunde der Tkacz’schen Schattenspiele. Die Mauern des Liebfrauenmünsters und ein kleiner „Bildschirm“ bieten genug Platz für die Projektion ganzer Bauwerke, Schlösser und Paläste. Casanova geht nach London, und die Tower Bridge taucht auf. Er verliebt sich unsterblich und wird von seiner Angebeteten betrogen, die er in flagranti erwischt – ebenfalls ein Schattenspiel.

Die Darsteller sind jetzt kleine Stabpuppen, Laubsägearbeiten von Herrn Neuhaus, ebenso wie die Schlösser. Casanova geht nach Spanien, und prompt erscheint ein schattenhafter „Toro“ auf der Kirchenmauer. Bald muss er aber wieder fliehen und kommt später an den preußischen Hof, wo er den „Alten Fritz“ vor den Mauern Sanssoucis trifft.

Immer wieder läuft auch das Publikum Gefahr, in die ehrgeizigen Spielpläne des Jakob Neuhaus eingebunden zu werden. Doch wollte bei der Premiere keine der ausgewählten Damen bei der Liebesszene mitwirken. Und der Assistent für die Schattenspiele, der schwankte zu sehr. Ohnehin ist das alles nur Flirterei, denn Klaus Michael Tkacz macht alles allein.

Am Ende wird es feierlich. Casanova schreibt auf Schloss Dux in Böhmen an seinen Memoiren, lässt alle Erlebnisse noch einmal Revue passieren. Er bereut nichts: „Die Geschichte meines Lebens ist mein Erbe. Ich habe gelebt!“ Und Klaus Michael Tkacz hat geschauspielert, puppengespielt, umgebaut und improvisiert. Sein Publikum hat sich darüber köstlich, ja königlich amüsiert. Was will man mehr?

Noch bis Sonntag, 10. August, besteht jeden Abend ab 20.30 Uhr Ge­legenheit, „Casanova“ auf der Wolframs-Eschenbacher Sommerbühne im Kirchhof zu begegnen.

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