Christiane Charlotte legte Machtwort für den Markt ein

25.8.2016, 07:00 Uhr
Christiane Charlotte legte Machtwort für den Markt ein

© Foto: Stadtarchiv Gunzenhausen

Genaue Belege, wann das alles anfing, gibt es nicht, das schickt Mühlhäußer gleich vorweg. Doch der Fachmann ist sich sicher, dass hier bereits zu Römerzeiten Handel getrieben wurde. Denn neben dem Castell (unter der Stadtkirche) befand sich mit großer Sicherheit ein Vicus, also eine Zivilsiedlung. Und die dort lebenden Menschen haben, zumal im grenznahen Gebiet, bestimmt Handel getrieben.

Längst haben die Wissenschaftler die These vom Limes als strikte Trennwand zwischen römischem Reich und den wilden Germanenhorden verworfen. Vielmehr zeigen neuere Forschungen, dass der Limes wohl eher eine „lose Wirtschaftsgrenze“ war, an der ein reger Austausch von Waren herrschte, erläutert Mühlhäußer.

Märkte abhalten zu können, war von jeher wichtig für die Bedeutung einer Kommune. Sie brachten Volk in die Stadt und ließen die Taler im Stadtsäckel klimpern. Auch die Gaststätten freuten sich an diesen Tagen über volle Häuser.

Das Stadt- und damit verbunden das Marktrecht verlieh früher der Kaiser. Wann Gunzenhausen beides erhielt, darüber findet sich in Mühlhäußers Archiv nichts. Allerdings wird in einer Urkunde aus dem Jahr 1271 Gunzenhausen bereits als „cives“, also Stadt, bezeichnet.

Und schon 823 wurde das hiesige Kloster in einer Urkunde erwähnt. Ein Kloster war laut Mühlhäußer ein Anziehungspunkt, es wurden Häuser drum herum gebaut und das „schreit“ in seinen Augen förmlich nach Handel.

Elf Jahrmärkte durfte Gunzenhausen abhalten, zu diesen Anlässen herrschte laut Mühlhäußer „ein Mordstrubel“ innerhalb der Stadtmauern. Darüber hinaus gab es zahlreiche Spezialmärkte, das reichte vom Schweine- bis hin zum Holzmarkt, vom Vieh- bis hin zum Wollmarkt. Auch Schafe, Pferde oder Gänse wurden auf gesonderten Veranstaltungen feilgeboten.

Christiane Charlotte legte Machtwort für den Markt ein

© Foto: Natalis

Mit Lebensmitteln und den Dingen des alltäglichen Bedarfs allerdings versorgen sich die Bürger bereits seit Jahrhunderten auf Wochenmärkten. Die Bauern der Umgebung und die kleinen Handwerker boten dort, teilweise sogar zweimal wöchentlich, ihre Waren feil.

Allerdings erlebten diese Wochenmärkte nicht nur Blütezeiten, das Interesse der Bevölkerung hing auch von der Zahl der Hausierer in der Stadt ab. Die boten ihre Waren direkt an der Haustür an, was natürlich ganz praktisch war. Man sparte sich den Gang auf den Marktplatz.

Den Stadtvätern war das ein Dorn im Auge. Deshalb wandte sich, wie der „Policey Acta“ (Band II) entnommen werden kann, der Magistrat beispielsweise im Jahr 1725 an die Landesregentin Christiane Charlotte, die „Obervormünderin“ des Wilden Markgrafen, wie ihr offizieller Titel lautete. Denn der Wochenmarkt war mehr oder weniger eingeschlafen, die Stadtoberen klagten über die vielen fliegenden Händler.

Die Landesherrin ordnete daraufhin schriftlich an, dass die fremden und „welschen“ (so nannte man die Händler aus Italien und Frankreich) Krämer, Hausierer, Gewürzträger und Landfahrer nichts mehr verkaufen dürften. Vielmehr befahl sie, dass „Victualien und die übrigen Feilschaften“ „ohne weiteren Verschub“ wieder auf einem ordentlichen Markt verkauft werden müssten, und zwar an einem Dienstag.

Echte Schleckermäuler

Beim Stöbern in den alten Akten wurde laut Mühlhäußer auch deutlich, das die Gunzenhäuser wohl ganz schöne Schleckermäuler waren. Den Verkaufslisten der Markthändler lässt sich entnehmen, dass vor allem Konfekt reißenden Absatz fand. Aber auch teure Gewürze wie Pfeffer, Ingwer oder Safran oder Luxusgüter wie „Citronen“ und „Pomeranzen“ (Orangen) waren in der Altmühlstadt begehrt. Der Historiker nimmt dies als Beleg, dass es bereits damals ein gut situiertes Bürgertum in der Altmühlstadt gab.

Christiane Charlotte legte Machtwort für den Markt ein

© Foto: Stadtarchiv Gunzenhausen

Das Machtwort von Christiane Charlotte zeigte offensichtlich eine Weile Wirkung, doch 1798 stand Gunzenhausen wieder vor ähnlichen Problemen. Nachdem von der „Königlichen Krieges- und Domainen-Kammer zu Ansbach“ „allergnädigst“ angeordnet worden war, dass der „ins Abwesen gerathene“ Wochenmarkt wieder eingeführt werden müsse, überarbeitete der Gunzenhäuser Magistrat die Marktordnung und ließ diese erstmals drucken. 800 Stück wurden von der Königlich-Preußischen Kanzlei-Buchdruckerei in Ansbach geliefert.

Neuer Markttag war nun der Freitag. Verkauft werden durften Eier, Schmalz, Butter, Käse, Geflügel, Fische, Krebse, Wolle, Tuch, Garn, Flachs, Obst und Gemüse sowie „Erdbirn und Krautsköpfe“. Stehen heute genaue Anfangs- und Endzeiten in der Marktordnung, so wurde damals als Signal für den Beginn „die Fahne aus dem Rathaus ausgesteckt“. Erst wenn sie wieder eingezogen wurde, mussten die Händler ihre restlichen Waren einpacken. Standort war vor dem damaligen Rathaus (auf Höhe der Alten Apotheke), bei starkem Regen oder enormer Hitze sollte den Händlern die Schranne geöffnet werden.

Bei Strafe war es verboten, die Viktualien bereits „auf dem platten Lande“ zusammenzukaufen. Genau berücksichtigt werden auch alle möglichen Streitgründe, etwa beim Vorkaufsrecht.

Puffer für saisonale Angebote

Und heute? Gibt es selbstverständlich auch noch eine Marktordnung. Zuständig dafür, dass alles mit rechten Dingen zugeht, sind Stefan Brändlein und seine Mitarbeiter im Ordnungsamt. Insgesamt gibt es 24 feste Händler, die das ganze Jahr über auf dem Wochenmarkt vertreten sind, im Prinzip könnten 31 Stände aufgebaut werden. Es werden aber nicht alle Plätze fest vergeben, denn einen kleinen Puffer für saisonale Angebote wie Spargel, Kirschen oder Pilze will man ebenso haben wie ein bisschen Spielraum bei der Außenbestuhlung, erläutert Brändlein.

Einen Kreuzer Standgebühr mussten die Händler früher berappen, heute hält sich der Obolus mit drei Euro Grundgebühr und höchstens sechs Euro am Tag ebenfalls in einem vertretbaren Rahmen. Eines hat sich aber seit anno dazumal komplett geändert: Einzuschlafen droht der Wochenmarkt nicht mehr. Im Gegenteil, im Ordnungsamt gibt es eine lange Liste mit interessierten Händlern. Wenn ein Platz frei wird, dann wird der aber nicht streng nach Warteliste besetzt, sondern Brändlein und seine Mitarbeiter achten darauf, dass ein Händler mit einem ähnlichen Angebot zum Zuge kommt.

Denn: Ein Aushängeschild für die Stadt ist der Wochenmarkt auch heute noch, und den städtischen Mitarbeitern ist sehr wohl klar, dass er in der bestehenden Form auch geschützt werden muss. Schließlich soll er auch weiterhin ein Publikumsmagnet bleiben.

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