Daniel Speck las im "Boothaus" am Altmühlsee

29.11.2018, 17:18 Uhr
Daniel Speck las  im

© Reinhard Krüger

Die Veranstalter, die Buchhändlerinnen Bettina Balz (Buchhandlung Stoll, Weißenburg) und Melena Renner, Inhaberin der Buchhandlung Dr. Schrenk, die künftig unter dem Namen "Am Färberturm" firmiert, hatten mit einem solchen Andrang offenbar nicht gerechnet: Die vorbereiteten rund 50 Stühle reichten bei weitem nicht aus, unermüdlich schleppten sie Stuhl um Stuhl in den großen Saal des Restaurants "Boothaus" im Seezentrum Gunzenhausen-Schlungenhof. Fast 100 Gäste aus dem ganzen Landkreis waren gespannt, was sie zu hören bekamen.

Zunächst war das aber leider — nichts. Da war er, der Fluch mit der Technik. Mal funktionierte der Lautsprecher, mal nicht. Mal knackte und rauschte die Box, dann wieder betretene Stille. "Che è la vita", wie der Italiener sagen würde, so ist das Leben. Nach einigem hin und her stellte sich heruas, dass der Akku des Mikrofons leer war und nachdem es Melena Renner mit neuen Batterien bestückt hatte, stand einem unterhaltsamen Abend nichts mehr im Wege.

Genre gewechselt

Nun endlich konnten die beiden befreundeten Buchhändlerinnen ihre Gäste begrüßen. "Es ist uns eine Herzensangelegenheit", sagt Renner und deutet auf Daniel Speck und Bettina Balz fügt an: "Bella Germania" war das erste Buch in meinem Laden, den ich im September 2016 eröffnet habe." Da fiel die Frage nach dem Autor für diese erste gemeinsame Veranstaltung nicht schwer, Daniel Speck sollte es sein.

Dunkle, sonore Stimme, markantes Gesicht, Drei-Tage-Bart, dunkler Teint, fliehende Stirn — der 49-jährige gebürtige Münchner ist gelernter und studierte Drehbuchautor und das mit großem Erfolg. So stammt etwa das Drehbuch der Komödie "Maria, ihm schmeckt’s nicht" aus seiner Feder, "Zimtstern und Halbmond" war ein weiterer Erfolg und für "Meine verrückte türkische Hochzeit" erhielt Speck den Grimme-Preis sowie den Bayerischen Fernsehpreis.

Jetzt also hat er das Genre gewechselt. Und warum? "Weil ich hier schreiben kann, wie mir der Schnabel gewachsen ist", lautet seine einfache und einleuchtende Antwort. Beim Drehbuch schreiben müsse man zu viele Kompromisse machen.

Wer mit "Piccola Sicilia" vielleicht an einen hübschen, kleinen Sekt oder Prosecco aus Sizilien denkt, wird schnell eines Besseren belehrt, wenn Daniel Speck in das Buch einführt. "Ich lade Sie ein zu einer Reise ans Mittelmeer", sagt der Autor. Die Geschichte beginnt in Berlin und spielt überwiegend in den Kriegsjahren 1942 und folgende in der tunesischen Hafenstadt Tunis. Hier im altehrwürdigen Hotel Majestic ("Eine Mischung aus Hotel Adlon in Berlin und Rick’s Bar in Casablanca") mit seiner Jugendstil-Architektur und weißer Fassade an der Avenue de Paris spielt die Geschichte um den deutschen Kameramann Moritz, die italienische Jüdin Yasmina und ihren Bruder Victor. Victors Eltern haben Yasmina adoptiert. Es ist eine Familiensaga der besonderen Art, 615 Seiten lang.

Zwei Jahre hat Speck nach eigenen Worten "Non-Stopp für den Roman recherchiert und geschrieben". Das Hotel gibt es wirklich, es steht noch heute im "Piccola Sicilia", dem italienischen Viertel von Tunis.

Speck präsentierte eine wilde und spannende Welt, aber auch eine berührend Geschichte rund um die beiden Geschwister, die sich nach und nach beginnen zu lieben. Der Roman spielt in dunklen Zeiten, sagt der Autor, dem das Publikum förmlich an den Lippen hängt, "die Protagonisten bringen das Licht". Es sind überwiegend wahre Geschichten, die Speck zusammenfügt und in seine fiktive Erzählung eingebaut hat.

Es geht beispielsweise um einen Moslem, der ein Weingut besitzt, oder dem realen Wehrmachtssoldaten Richard Abel (der im Roman Moritz heißt), der zu einem "Gerechten unter den Völkern" in der Holocaust-Gedenkstätte im israelischen Yad Vashem geadelt wurde.

"Wenn ich das erfunden hätte, würde ich als kitschig und unglaubwürdig hingestellt werden", so Speck. Es ist, und das macht den Roman so interessant, eine vergessene Geschichte von versteckten Juden, einer ganz besonderen Liebe und jede Menge Konflikte. Kurz, ein Roman wie gemacht für lange Leseabende an kalten Tagen.

Anette Rabus und ihre Schwester Sabine Degenhardt aus Weißenburg waren jedenfalls so angetan von der Lesung, dass sie das Buch gleich gekauft haben. Dieser Meinung waren offensichtlich viele Besucher. Die Schlange am Büchertisch, wo Daniel Speck geduldig Widmungen in die frisch erworbenen Romane schrieb, war lang.

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