Das Darknet: die dunkle Seite des Internets

20.4.2017, 06:00 Uhr
Waffen, Drogen, Kinderpornographie - im Darknet kommen Kriminelle an allerlei schlimme Sachen. In Ländern mit Zensur können sich allerdings auch Oppositionelle über diesen Teil des Internets vernetzen.

© Silas Stein/dpa Waffen, Drogen, Kinderpornographie - im Darknet kommen Kriminelle an allerlei schlimme Sachen. In Ländern mit Zensur können sich allerdings auch Oppositionelle über diesen Teil des Internets vernetzen.

Das so genannte Darknet, war bisher für die Wenigsten ein Thema – bis zum Amoklauf in München im vergangenen Juli. Denn der junge Täter hatte seine Waffe im Darknet erworben. Gemeinhin gilt es deswegen als "die kriminelle Unterwelt des Internets" – das war auch der Titel des Vortrags von Michael Metzner in der Reihe "Medienwelten" in der Stadt- und Schulbücherei Gunzenhausen.

Obwohl sich der Fachanwalt für Urheber und Medienrecht zu Beginn entschuldigte "kein Techniker" zu sein, versuchte er die Strukturen und Funktionsweise des Darknet den zahlreichen Besuchern anschaulich darzustellen. Bildlich darf man sich das Internet wie einen Eisberg vorstellen, mit einem großen sichtbaren Teil, dem Clearweb, und unter dem Wasser den unsichtbaren Teil, das Deepweb. Dieses ist an sich nicht schlecht, kann aber von den gängigen Suchmaschinen nicht gefunden werden.

Das Darknet wiederum ist Teil des Deepweb. Technisch gesehen – und das ist der Vorteil, den sich hauptsächlich Kriminelle zunutze machen – surft der Nutzer im Darknet anonym. Im Unterschied zum Internet wie es ein jeder von uns nutzt: hier ist über die IP-Adresse eines jeden Geräts, das Zugang zum Internet hat, der Nutzer und seine Bewegungen zu identifizieren.

Ins Darknet gelangt man aber nur über einen speziellen Browser, den Tor-Browser, jetzt ist der "Sender" vom "Empfänger" nicht mehr zu ermitteln. "Man kann sich das vorstellen wie ein Kuvert, in dem wieder ein Kuvert steckt. Und wieder und wieder und wieder", erklärt Metzner. Der Adressat weiß nur, wo der Brief als nächstes hingeht, nicht wo er herkommt.

Das Darknet: die dunkle Seite des Internets

© Foto: Struller

Befindet man sich im Darknet, werden dort natürlich nicht sofort Waffen oder Drogen angeboten. Tor ist "erst einmal ein ganz normaler Browser" und von jedem herunterzuladen, so der Anwalt und das Darknet ein ganz normales Internet – falls man es so bezeichnen mag. Es gibt dort eine Suchmaschine und ein Hidden Wiki: "Hier findet man sehr, sehr viel, was man gar nicht finden will", weiß Metzner. Mit zwei Klicks ist man bei Waffen.

Das Darknet ist ein Tummelplatz für Drogen, Waffenverschieber, Menschenhändler, Pädophile und Kannibalen, zählt Metzner auf. Es werden gehackte Kreditkarten gehandelt oder gefälschte Urkunden vertickt, "ich weiß nicht, ob es überhaupt etwas Legales zu kaufen gibt." Die Verkaufsportale sehen aus "wie jeder andere Onlineshop", berichtet er.

Eigene Währung

Die Händler scheinen zumeist seriös zu sein, sie erhalten gute Bewertungen. "Das ist mehr als bizarr." Bezahlt wird mit Bitcoins, einer Kryptowährung, die auf der Blockchain-Technologie basiert und so vor Manipulation geschützt ist. Das klingt zunächst "ziemlich kompliziert", aber sogar das Finanzamt ist an Umsätzen mit dieser Währung interessiert. Und selbst offizielle Webshops akzeptieren vereinzelt Bitcoins.

Das wenig Gute, das sich über das Darknet sagen lässt, ist, dass dort nicht nur Mord und Totschlag herrschen. Gerade in Ländern, in denen eine strenge Zensur herrscht, dient das Darkweb der ungestraften Kommunikation, beispielsweise via Facebook, oder der freien Meinungsäußerung.

Aus strafrechtlicher Sicht ist das Darknet "ein Punkt, der ratlos macht", sagt Metzner. Allein das Angebot – Waffen, Drogen, Auftragsmord – ist strafbar, da passieren "Verbrechen wie hinter dem Schaufenster". Die Strafverfolgung an sich ist schwierig, da der einzelne Nutzer anonymisiert ist; eine Rückverfolgung ist kaum möglich, würde Jahre Dauern und Unmengen an Rechnerleistung verschlingen – und wäre am Ende selten von Erfolg gekrönt. Also versuchen die Behörden verdeckte Kriminalbeamte als Händler einzuschleusen, Ermittler im inneren Zirkel unterzubringen oder hoffen schlichtweg auf die Fahrlässigkeit der Verkäufer.

Der Grund, warum es überhaupt ein Darknet gibt, war das Bedürfnis Informationen abzuschirmen. Es wurde von staatlicher Seite in den USA entwickelt und sollte ursprünglich der Gefahrenabwehr dienen und dabei helfen, Zensur zu umgehen. Trotz großer Ablehnung in der breiten Öffentlichkeit, befürworten eingefleischte Techniker das Darknet. Und es lässt sich auch nicht einfach abschalten oder verbieten, wie es sich einer der Zuhörer in der anschließenden Fragerunde gerne wünscht.

"Das Problem ist nicht das Darknet selbst, sondern seine Nutzer", merkt ein weiterer Besucher aus dem Publikum richtigerweise an. Ironischerweise war der erste Internetkauf der 1971 getätigt wurde, der Erwerb von Cannabis.

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