Der "Wilde Markgraf" und Gunzenhausen

16.12.2017, 17:30 Uhr
Der

© Stadt Gunzenhausen

Monatelang war Gunzenhausen, erläuterte Stadtarchivar Werner Mühlhäuser in der Stadt- und Schulbücherei, de facto Residenzstadt, denn der absolutistische Herrscher tätigte hier nicht nur Regierungsgeschäfte, sondern zwang auch des Öfteren den Ansbacher Hofstaat, mit ihm in das kleine Städtchen an der Altmühl umzusiedeln.

In seinem Vortrag ging Mühlhäußer nicht nur auf das Leben des vorletzten brandenburgischen Herrschers ein, er richtete dabei auch ein besonderes Augenmerk auf jene Dokumente, die das Wirken des "Wilden Markgrafen" in Gunzenhausen illustrieren.

1717 hielt sich der junge Erbprinz im Alter von fünf Jahren zum ersten Mal in Gunzenhausen auf. Der Erbprinz, sein Sprachmeister und der Kammerdiener speisten damals beim "Engelwirt allhier", die Rechnung ging direkt an die Stadt Gunzenhausen. Und wurde dort im Rechnungsbuch aufgenommen, so dass Werner Mühlhäußer Jahrhunderte später einen entsprechenden Eintrag im Archiv fand.

Ein großes Loch im Stadtsäckel hinterließ die so genannte "Erbhuldigung". Zum Regierungsantritt Carl Wilhelm Friedrichs im Jahr 1728 musste Gunzenhausen 512 Gulden aufbringen, was heute einem Betrag von etwa 21 000 Euro entsprechen würde. Überhaupt musste sich eine Stadt so einen hochherrschaftlichen Gast erst einmal leisten können: Der Fürst brachte beispielsweise bei einem Besuch im März des Jahres 1730 seine Soldaten mit, welche auf Kosten der Stadt beim Adlerwirt Späth 76 Maß Bier tranken.

Ab 1738 häuften sich die Besuche Carl Wilhelm Friedrichs in Gunzenhausen, davon zeugen die Bürgermeisteramtrechnungen, die im Stadtarchiv lagern. Im Rekordjahr 1745 hielt sich der Markgraf insgesamt 296 Tage in seiner Wahlheimat auf. Das heißt: Hier wurden landespolitische Entscheidungen getroffen, Gesandte und Adelige kamen in die Altmühlstadt, um den Fürsten zu besuchen, und Hofstaat und Leibkompanie gehörten zum Stadtbild von Gunzenhausen.

Werner Mühlhäußer zeigte auf, dass sich auch das Stadtbild damals in Richtung Residenzstadt veränderte: Der ursprüngliche Oberamtshof wurde zum fürstlichen Wohnsitz ausgebaut. 1753 errichtete man das nicht mehr existente Schlösschen Falkenlust in der Nähe der Scheupeleinsmühle. Der zum heutigen Haus des Gastes gehörende markgräfliche Hofgarten mit einer eigenen Reitbahn war damals dreieinhalb Hektar groß und ein Gärtner mit mehreren Gehilfen kümmerte sich um Blumenfelder, Buchenalleen und Brunnen.

Kohlenhütte und Eisgrube

Wo sich Wildmeisterhaus, Reiherhaus, Fasanengarten, Kohlenhütte, Eisgrube und das Quartier für erkrankte Soldaten der Leibkompanie befanden, lässt sich aus einen historischen Stadtplan in der Ausstellung erkennen. Schönste Barockarchitektur bildet heute noch den südlichen Abschluss des Marktplatzes: Hier entstand nach Plänen des Architekten Johann David Steingruber das Palais des Obristfalkenmeisters von Heydenab.

Mühlhäußer hatte eine Vielzahl von Quellen aufgetan: Briefe, Amtsrechnungen, Schriftwechsel aus dem Stadtvogtamt und Aufzeichnungen über Beschwerden und Gerichtsurteile. Der Markgraf Carl Wilhelm Friedrich war ja der Falkenjagd sehr zugetan, hat im Laufe seines Lebens nahezu 35 000 Stück Wild erlegt und alles in sein Beizbüchlein eintragen lassen. Die Jagdleidenschaft führte dazu, dass rund um Gunzenhausen kilometerlange Reitwege angelegt und mehr als 60 Stege errichtet wurden.

War ein Weg nicht in Ordnung, konnte das auch für die Mitglieder des Gunzenhäuser Stadtrates unangenehm werden. So erging es den Ratsherren und Baumeistern Sebastian Deuerlein und Leonhard Preu, die wegen schlechter Wege zuerst in Haft genommen wurden und schließlich mit einigen Arbeitern die Schäden drei Tage lang eigenhändig beseitigen mussten. Trotz dieser Härte hält Stadtarchivar Mühlhäußer die Gerüchte, der Markgraf habe im Zorn beispielsweise einen Schäfer getötet, der mit seiner Herde nicht schnell genug Platz gemacht hatte, für unhaltbar. Denn:

"Den Beinamen ,Wilder Markgraf‘ hat Carl Wilhelm Friedrich erst lang nach seinem Ableben erhalten."

Den musikalischen Rahmen gaben der Veranstaltung Thomas Utz (Querflöte), Almut Pfahler (Geige), Alexander Serr (Spinnet) und Stefan Rose (Cello).

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