Die komplizierte und teure Geschichte mit dem Erdaushub

12.10.2017, 05:54 Uhr
Erdarbeiten können schnell mal teuer werden: Grund ist die oftmals sehr teure Entsorgung des Aushubs.

© Wolfgang Dressler Erdarbeiten können schnell mal teuer werden: Grund ist die oftmals sehr teure Entsorgung des Aushubs.

Der Dittenheimer Bürgermeister Günter Strobel hatte als BayGT-Kreisvorsitzender neben Nussel und seinen Bürgermeister-Kollegen eine ganze Reihe von Fachleuten aus Verwaltung und Wirtschaft geladen, die tagtäglich unter den immer weiter ausufernden Vorschriften zum Thema leiden. Und die mit ihrer Meinung auch nicht hinterm Berg hielten.
"Der Boden, auf dem wir seit Jahrhunderten leben, wird zu Abfall, den wir teuer entsorgen müssen - das kann nicht sein!", gab Matthias Simon den Tenor der Diskussion vor.

Der BayGT-Referatsleiter beklagte zudem "eine Vielzahl von Rechtsvorschriften, die kaum noch zu durchschauen" sei - und projizierte eine Liste von 14 Gesetzen an die Wand, die bei der Behandlung von Bauschutt und Erdaushub zu beachten sind. "Dazu kommen noch Dutzende von Merkblättern und Leitfäden, die allesamt zu einer Verteuerung der Entsorgung führen." Was ein Vertreter der Bau-Innung trocken so kommentierte: "Was früher ein ganzer Keller kostete, kostet heute allein der Aushub samt Entsorgung."

Kostenrisiko für Häuslebauer

Sein Verband, so Simon, wolle "verhindern, dass die Gemeinden sich schon bei ganz normalen Böden mit Entsorgungsrisiken beschäftigen müssen". Nicht zuletzt, weil die jetzigen Regelungen auch für den Häuslebauer ein enormes Kostenrisiko bergen: So könne die - eigentlich unnötige - Entsorgung eines laut Richtlinien belasteten Erdaushubs durchaus mit 25.000 bis 30.000 Euro zu Buche schlagen. Und gleichzeitig fehlten in vielen Regionen die notwendigen Deponiekapazitäten: "Wir rauschen da auf einen politischen Notstand zu", schlug der Experte Alarm.

Einer, der auf Seiten der Verwaltung tagtäglich mit dem Gesetzes- und Vorschriften-Dschungel zu kämpfen hat, ist Michael Hufnagel, beim Landratsamt Weißenburg-Gunzenhausen Leiter des Sachgebiets Abfallwirtschaft. "Diese Themen schlagen bei uns auf, und wir sind die armen Schweine, die das alles ausführen sollen", formuliert der gelernte Ingenieur drastisch seinen Frust über die Situation. Er leide unter einer "Paragraphen-Bürokratie und auch einer Parameter-Bürokratie", die "selbst für Techniker extrem schwierig nachzuvollziehen" sei.

"Mut zur Unschärfe"

Was unter anderem daran liege, dass es unterschiedliche Leitfäden gebe, die auf unterschiedlichen Analysemthoden beruhten, die zudem nicht miteinander vergleichbar seien. "Das macht es in der Praxis sehr schwierig", klagte Hufnagel, "und die Bauherren sind verärgert, weil alles lange dauert." Sein beinahe schon verzweifelter Appell an die Politik: "Gebt uns vernünftige Verfahren an die Hand." Alles bis ins Detail regeln zu wollen, mache die Verfahren "unübersichtlich". Man brauche bei solchen Vorschriften "den Mut zu einer gewissen Unschärfe, mit der man dann leben kann".

Dafür plädiert auch der Gunzenhäuser Olaf Pattloch. Seine KP Ingenieurgesellschaft für Wasser und Boden gehöre zu den "Leidtragenden" der derzeitigen Situation. Unter anderem deshalb, weil sich der Aufwand für Laboranalysen von Bodenproben "in den letzten Jahren verachtfacht" habe, so der Diplom-Geograph mit dem markanten Schnauzbart. Das führe regelmäßig "zu Telefonaten mit aufgebrachten Bauherren, die ihren Aushub teuer entsorgen mussten". Und setze ihn dem Verdacht aus, mit teuren Analysen und Entsorgungen "Geld machen zu wollen". Das sei, sagte er, "untragbar, das macht uns keinen Spaß". 

Rainer Hochreiter vom Gunzenhäuser Ingenieurbüro Hochreiter und Lechner fordert, möglichst umgehend "zu schnelleren Lösungen zurückzukehren". Zumal die derzeitige Überregulierung mitunter auch für dem Umweltschutz kontraproduktiv sei: Manchmal müsse ein Erdaushub wegen diverser Bodenanalysen "dreimal angefasst werden. Da hat man schnell mal mit dem Bagger 3000 Liter Diesel zusätzlich in die Luft geblasen".

"Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht", fasste der Weißenburger Oberbürgermeister Jürgen Schröppel die lebhafte Debatte, die er selbst im Vorfeld angeregt hatte, zusammen: "Darin sind wir ja Weltmeister." Und er beklagte, dass jene, die, wie Hufnagel, all jene Vorschriften vollziehen müssten, in einem "zu engen Korsett" steckten und "keine Spielräume" mehr hätten. Sein Fazit: "Da muss jetzt einer ran, der sagt: Hier muss die Axt angesetzt werden."

Bereits im Vorfeld der Versammlung hatte der BayGT-Kreisverband eine zweiseitige, sehr detaillierte Resolution erarbeitet, die Bundes- und Landesgesetzgeber auffordert, die "Kostenexplosion" beim Bauschutt und beim Bodenaushub durch praxisgerechte Vorschriften einzudämmen. Auf Anregung von Thomas Keller, dem Leiter des Wasserwirtschaftsamtes in Ansbach, wurde die jedoch nicht verabschiedet, sondern soll durch eine wesentlich knapper formulierte, einen "politischen Hilferuf" (BayGT-Experte Simon), ersetzt werden. 

Walter Nussel jedenfalls scheint die Botschaft des Tages verstanden zu haben. Er versprach, sich für eine "praxisnahe Gestaltung" von Vorschriften einzusetzen, räumte allerdings auch ein, dass das bei "drei beteiligten Ministerien mit drei unterschiedlichen Sichtweisen schwierig werden" dürfte. Viel Arbeit für den "Entbürokratisierer" des Ministerpräsidenten. 

 

Keine Kommentare