Ein Verzicht, der besseren Perspektive wegen

9.6.2018, 07:13 Uhr
Ein Verzicht, der besseren Perspektive wegen

© Fotos: Mathias Hochreuther

Mit der Meldung der Mannschaften für die im Herbst beginnende neue Handball-Saison war die Katze aus dem Sack: Der TV Gunzenhausen nimmt sein Aufstiegsrecht, das er sich als Vizemeister der Bezirksliga erspielt hatte, nicht wahr und meldet stattdessen erneut in der Bezirksliga. In der Handball-Gemeinde sprach sich diese Nachricht freilich schnell herum. Benjamin Franz, in der Region bestens vernetzter Kapitän der Männermannschaft des TV: "Whats App, Facebook, laufend sind Nachrichten eingetrudelt, was denn bei uns los ist", berichtet Franz.

Nachvollziehbare Fragen, immerhin haben die TV-Handballer in dieser Saison eine selten erlebte Euphorie in der Altmühlstadt losgetreten, die auch über die Grenzen hinaus wahrgenommen wurde. Parallel zum sportlichen Höhenflug erlebten die Mannschaft und der Verein auch abseits des Spielfeldes einen wahren Boom, der in laufend steigenden Zuschauerzahlen und am Ende einer vollen Halle mit toller Stimmung gipfelte. Und nun der überraschende Verzicht auf den Lohn all der Arbeit.

Bedenken im Hintergrund

Nun ja, was heißt überraschend. Schon während der Saison gab es im Hintergrund einige Bedenken, ob denn die Erfolgs- und Euphoriewelle die Gunzenhäuser Handballer nicht gerade überrollt. Irgendwie waren sie wohl auf eine derart rasante Entwicklung nach einigen mageren Jahren nicht vorbereitet. Trainer Christian Rieger ging im Spätsommer 2017 immerhin mit der Prämisse "nicht absteigen" in die Saison. Doch dann waren sie beim TV vom Aufstiegsfieber gepackt und sprachen auch offen von der Rückkehr in die BOL. Als es dann aber so weit war, ging es an die Analyse.

Klar ist, dass drei Spieler in der neuen Spielzeit nicht mehr zur Verfügung stehen werden. "Michael Butz und Sebastian Watzlawik haben ihre Karriere in der ersten Männermannschaft nach 15 bzw. 20 Jahren verdientermaßen beendet und stehen jetzt der wieder gemeldeten zweiten Mannschaft sowie aushilfsweise der Ersten zur Verfügung. Ansonsten haben wir mit Jonas Lüther einen schmerzlichen Verlust, der aber auch zu erwarten war. Er geht beruflich, wie bereits vor der Saison angekündigt, nach Hamburg", sagt Trainer Rieger.

Abgänge, die sie beim TV aber kompensieren können, und zwar aus den eigenen Reihen. Denn auf die anerkannte Nachwuchsarbeit mit rund 130 Jugendlichen legen sie in Gunzenhausen weiterhin großen Wert. "Wir haben überlegt wie es am sinnvollsten ist, die Lücke zwischen Männern und Jugend zu schließen und ein Team zukunftsfähig zu machen. Das Ergebnis war, dass es in der neuen Saison keinen Sinn macht, mit einem zwar guten, aber gewissermaßen ausgedünnten Kader in der BOL in den Abstiegskampf einzutreten und im gleichen Zug die Jugend einzugliedern. Vielmehr wollen wir das nächste Jahr nutzen, um die Perspektivspieler aus unserer eigenen A-Jugend mit in den Männerbereich aufzunehmen und einzugliedern. Das schaffen wir erfolgreicher mit einem weiteren Jahr Bezirksliga", erklärt Christian Rieger und ergänzt: "Wir haben auch in den nächsten Jahren einige Spieler die altersbedingt mal aufhören oder kürzer treten und da muss der Unterbau stimmen. Wir wollen auch in Zukunft eigenständig und attraktiv für neue junge Sportler sein und dem Gunzenhäuser Publikum auch ein Gunzenhäuser Team präsentieren."

BOL bleibt das Ziel

Ein Verzicht, der Perspektive wegen, wie man es auch umschreiben könnte. Denn die Bezirksoberliga haben sie beim TV lange nicht abgeschrieben, mittelfristig ist sie das klare Ziel der Altmühlstädter. Aber wie es in der höchsten mittelfränkischen Spielklasse zugehen kann, wenn man nicht dafür bereit ist, darüber könnte Benjamin Franz ein Buch schreiben. "Wir haben in der Vergangenheit mit großem Herzblut einige Jahre im Keller der Bezirksoberliga gespielt und sind mehrmals am Grünen Tisch nicht abgestiegen. Dass wir uns hier nie freiwillig eine Klasse nach unten bewegt und neu aufgestellt haben, hat zum Schluss niemanden weiter gebracht sondern vielmehr die Spieler mürbe gemacht und das Zuschauerinteresse geschmälert. Aus diesen Fehlern sollte man lernen und sich zielgerichtet fortentwickeln."

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