Festspiele: Die "Berliner Luft" weht am Altmühlsee

7.4.2017, 06:00 Uhr
Festspiele: Die

© Foto: Eisenbrand

Wesentlich informativer war da das Bild, das sich der Kulturfreund am Mittwochabend im Altmühlsee-Informationszentrum von der neuen Spielzeit machen konnte. In einer 90-minütigen Soiree präsentierte Intendant Christian A. Schnell einen großen Teil seines Ensembles — und vermittelte erste Eindrücke von seinen Inszenierungen.

Mit dabei sind wieder einige Stammgäste der Muhrer Freilichtbühne: etwa Tina-Nicole Kaiser, zusammen mit Alexandra Marinescu und Armin Sengenberger im vergangenen Jahr das "Dreamteam" (Schnell) im Knef-Musical "Hilde", das heuer wieder gemeinsam in einem Drei-Personen-Stück ran darf: in "Mondscheintarif" nach dem Megaseller von Ildiko von Kürthy. Kostprobe aus dem Romantext, dessen erste Seiten Kaiser vortrug: "Die schlimmste weibliche Problemzone ist der Mann." Was kräftiges Gelächter (zumeist sehr heller Stimmen) aus dem Publikum provozierte (Premiere: 29. Juni, Schloss Altenmuhr, am 9. Juli einmalig im Gunzenhäuser Falkengarten).

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Überhaupt, so Schnell, hätten er und Produktionsleiter Steffen Löser ein "sehr frauenlastiges Programm" zusammengestellt, in dem sich ein großes Thema durch alle Stücke ziehe: die Liebe. Kein Wunder also, dass ein "Love"-Schriftzug aus Feuerzungen auch die Plakate zieren wird, die demnächst überall in der Region hängen werden.

"Burning Love" ist auch der Titel des diesjährigen Jugendstücks, das am 10. Juli auf der Altmühlinsel Premiere haben wird. Die Geschichte einer Jugendliebe, die "dramatisch scheitert", so Schnell, stammt aus der Feder des Nürnbergers Fitzgerald Kusz, der inzwischen schon als so etwas wie der "Hausautor" der Festspiele gelten darf. Das Stück sei "wahnsinnig gut geschrieben", schwärmt der Intendant, und erlebe derzeit eine echte "Renaissance"; selbst in Buenos Aires werde es derzeit aufgeführt.

Um die Liebe geht es auch im Kinderstück — und zwar die eines Holzschnitzers zu seiner Puppe. Die trägt den Namen "Pinocchio" und ist weltberühmt. Zeigen konnte Schnell davon freilich noch nichts, denn: Das Stück nach dem Buch von Carlo Collodi müsse "erst noch geschrieben werden — und zwar von mir". Sicher sei aber, dass dabei nahezu lebensgroße Marionetten auf der Bühne stehen werden — eine Neuerung für Muhr (Premiere am 22. Juni).

"Mit Kleist gefoltert"

Zwei Wochen später, am 5. Juli, wird auf der Freilichtbühne Heinrich von Kleists "Der zerbrochene Krug" erstmals aufgeführt. Weil aber Schnell "in der Schule mit Kleist gefoltert" worden war, hat er beschlossen: "Wenn schon Kleist, dann müssen wir ihn in die heutige Zeit holen." Deshalb habe ein Berliner Erfolgsautor "das Stück Satz für Satz bearbeitet", die Sprache gleichsam modernisiert, den Sprachduktus allerdings beibehalten. Einige kurze Szenen, die das Ensemble dem Publikum präsentierte, lassen einen unterhaltsamen Abend erwarten.

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Bei der letzten Premiere der Saison stehen in der turbulenten Komödie "Ladies Night" ausschließlich Männer auf der Muhrer Freilichtbühne: arbeitslose Stahlarbeiter, die als "Die wilden Stiere" mit Männerstriptease den Erfolg suchen. Bevor jedoch in der Soiree alle Hüllen fielen, schritt Intendant Schnell ein — und vertröstete alle womöglich erwartungsfrohen Zuschauerinnen auf den "Ernstfall" am 26. Juli.

Während diese fünf Stücke jeweils mehrmals zu sehen sind, gibt es für zwei Veranstaltungen jeweils nur eine Chance: "Luther und Gajetan" ist der Beitrag der Altmühlsee-Festspiele zum Lutherjahr 2017 und zeichnet in einer Collage verschiedener Luther-Texte eine konfliktreiche Begegnung des großen Reformators mit dem päpstlichen Abgesandten Kardinal Cajetan nach (25. Juni, St.-JohannisKirche in Muhr am See, Eintritt frei).

Ebenfalls an einem Sonntag, am 23. Juli, wird "Berliner Luft am Altmühlsee" wehen, verspricht Schnell. "Frau Luna", die wohl bekannteste Operette des Berliner Komponisten Paul Lincke, wird auf der Seebühne Gunzenhausen zu sehen und zu hören sein. Mit Live-Orchester und mit Unterstützung des Kammerchors Fränkisches Seenland unter der Leitung des Gunzenhäusers Stefan Hofmann und des gemischten Chors Muhr am See.

Olivia Patrizia Kunze, ein neues Gesicht im Festspiel-Ensemble, die unter anderem auch im "Krug" mitwirkt, bewies zum Finale der Soiree mit dem Lincke-Klassiker "Schlösser, die im Monde liegen", dass sie auch eine starke Singstimme hat. Und mit ein paar Takten von "Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft" brachte Stefan Hofmann das Publikum am Ende noch zum rhythmischen Mitklatschen.

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