Folgen für den Burgstallwald sind nicht absehbar

13.3.2019, 17:10 Uhr
Folgen für den Burgstallwald sind nicht absehbar

© Werner Falk

Es wird, wie berichtet, keinen Einsatz des Häutungsbeschleunigers Mimic im Burgstallwald geben — zumindest nicht auf den 70 Hektar, die dem Freistaat gehören. Das hatte Bernhard Wallraff verkündet. Die Entscheidung der Staatsforsten wird vermutlich Auswirkungen auf den gesamten Bestand haben, denn es ist sehr unwahrscheinlich, dass das Pflanzenschutzmittel auf einzelnen, in Privatbesitz befindlichen Waldstücken ausgebracht wird, das wurde bei der gut besuchten Bürgerversammlung im Lutherhaus deutlich.

Bei der Entscheidung für oder gegen den Einsatz von Mimic im Burgstall galt es, die verschiedenen Schutzgüter sorgfältig abzuwägen, erläuterte Wallraff. Da stehen auf der einen Seite die Lebensvielfalt eines FFH-Gebiets, ein Wasserschutzgebiet, das Freibad, zwei Kliniken und die Wohnbebauung, auf der anderen Seite müsse man aber auch den "sehr sehr wertvollen" Eichen- und Hainbuchen-Bestand sehen. Der sei ein genauso schützenswertes Gut.

Der Leiter des Gunzenhäuser Forstamts, Jürgen Stemmer, ging noch einmal kurz auf den Kahlfraß im vergangenen Jahr ein. Der hatte die Behörde nicht unvorbereitet getroffen: Der Massenbefall hatte sich bereits im Herbst 2017 abgezeichnet und zwar für den Burgstall und ein Waldgebiet bei Dorsbrunn. Dort gab es im Gegensatz zur Altmühlstadt keinen Kahlfraß. Nicht auf dem Schirm hatten die Forstleute das Waldstück westlich von Unterasbach. Dort hat der Schwammspinner ebenfalls ganze Arbeit geleistet und auch Nadelbäume kahlgefressen. Ein 40-jähriger Fichtenbestand sei kaputt, einen weiteren Kahlfraß werde sein Wald nicht überleben, berichtete der Waldbesitzer bei der Bürgerversammlung.

Mittlerweile hat sich der Schwammspinner weiter ausgebreitet. Neben dem Burgstallwald wurde laut Stemmer auch bei Dornhausen, Theilenhofen und Pfofeld die kritische Dichte an Gelegen festgestellt.

Nur Walnuss ist sicher

Der Schwammspinner ist zwar auf Eichen spezialisiert, lässt sich aber auch das Laub anderer Bäume schmecken und schreckt selbst vor Nadelbäumen nicht zurück. Lediglich Walnussbäume sind nicht sein Fall. Ein Kahlfraß wirkt sich auf die Vitalität der Bäume aus, es kann bis zum Absterben führen, erläuterte Stemmer die Folgen.

Folgen für den Burgstallwald sind nicht absehbar

© Marianne Natalis

Zwar haben die Eichen zunächst dank des Johannistriebs gute Überlebenschancen, doch damit verbrauchen sie wichtige Reservestoffe. Verschärft werde die Situation durch das Trockenjahr. Der Feuerletten-Boden des Burgstalls werde in wasserarmen Jahren hart wie Beton. Dadurch brechen die Wurzeln der Eichen ab, dort können schädliche Pilze eindringen.

Effektiv bekämpft werden kann der Schmetterling, der im Zuge des Klimawandels in unsere Region eingewandert ist, laut Stemmer nur mit einem Pflanzenschutzmittel. Das Absaugen der Gelege sei ebensowenig möglich wie eine thermische Behandlung. Dass jeder Spaziergänger im Wald Gelege abkratzt — so ein Vorschlag aus dem Publikum — kommt laut Dr. Gabriela Lobinger von der bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft dem "Kampf gegen Windmühlen" gleich. Denn die wenigsten Gelege kleben unten an den Stämmen, vielmehr sind die Baumkronen voll davon.

Während es für die einen einfach ein "Pflanzenschutzmittel" ist, spricht der Waldreferent des Bund Nturschutz, Dr. Ralf Straußberger, schlicht von einem "Gift". Als solches hat es nach seiner Meinung im Wald nichts verloren — und dafür hat er viele Gründe: 300 bis 400 Schmetterlingsarten leben an der Eiche, deren frei fressende Raupen seien von einer Begiftungsaktion betroffen. In der Folge würden auch viele Jungvögel verenden, da es keine Nahrung mehr gebe. Beeren und Pilze dürften nicht mehr verzehrt werden. Mimic habe eine hohe Verweildauer auf dem Boden und sei zudem für Wasserlebewesen hochgiftig.

Ins gleiche Horn blies auch Claudia Regner von der Interessensgemeinschaft "Kein Gifteinsatz im Burgstallwald". Mimic schwächt nach ihren Worten den Eigenschutz des Ökosystems Wald. Sie merkte zudem an, dass der Wald "das letzte Refugium der Insekten" sei. Dass die Bürger diese für erhaltenswert halten, habe ja erst jüngst das Volksbegehren zum Artenschutz klar gezeigt.

Demgegenüber hatte Stemmer zuvor erläutert, dass das Mittel für Bienen nicht gefährlich sei und auch nicht im Verdacht stehe, krebserregend zu sein oder genverändernd zu wirken. Edwin Habermeyer, der für die privaten Waldbesitzer sprach, wies darauf hin, dass es ein zugelassenes Pflanzenschutzmittel sei, das etwa im Obstbau ständig zur Anwendung komme. Er halte nichts davon, immer alles zu verteufeln und von Gift zu sprechen.

"Schadschwelle überschritten"

Auch Habermeyer berichtete von großen Schäden in seinen zwei Waldstücken im Burgstall. Rund zehn Prozent seines Bestands sei in Folge des Kahlfraßes abgestorben. Er akzeptierte zwar die Entscheidung der Staatsforsten, für richtig hält er sie aber offensichtlich nicht. Das sei ja gerade so als ob die Feuerwehr bei einem Brand nicht sofort zum Wasserschlauch greife, sondern erst einmal abwarte, ob das Feuer nicht von selber wieder ausgehe. Seiner Meinung nach "ist die Schadschwelle mehr als überschritten".

Dass die Entscheidung, den Schwammspinner nicht zu bekämpfen, auch Härtefälle mit sich bringe, ist den Fachleuten bewusst. Allerdings haben Waldbesitzer, so Stemmer, keinen Rechtsanspruch auf eine Befliegung ihrer Flächen. Eine Bekämpfung beantragen kann dennoch jeder Waldbesitzer. Dann wird geprüft, ob seine Flächen überhaupt behandelbar sind, das hängt unter anderem von Pfufferzonen und Herausnahmeflächen ab.

Allein die Anzahl der Gelege lässt im Burgstall Schlimmstes befürchten. Allerdings sind sie relativ klein, berichtete Dr. Hans Lemme von der Landesanstalt, und wohl auch längst nicht alle befruchtet. Möglich ist auch, dass die Gelege von Viren befallen sind. Genaueres wollen die Wissenschaftler bei Schlüpfversuchen herausfinden. Derzeit werden aber bevorzugt Waldflächen untersucht, bei denen die Frage der Bekämpfung noch offen ist.

Wie sich der Schwammspinner heuer im Burgstallwald verhalten wird und wie sich das auf das Ökosystem Wald auswirkt, das soll nun wissenschaftlich begleitet werden. Die Gefahr, dass der Wald am Ende des Sommers ein anderer ist als vorher besteht, daraus machten die Fachleute keinen Hehl. Und auch Bürgermeister Karl-Heinz Fitz stellte fest, dass es "in dieser Geschichte" wahrscheinlich kaum Gewinner geben wird.

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