Freiherr Knigge sprach in Gunzenhausen

8.1.2015, 07:00 Uhr
Freiherr Knigge sprach in Gunzenhausen

© Ellinger

Damals hat sein Vorfahre, Adolph Freiherr Knigge, das Buch „Über den Umgang mit Menschen“ veröffentlicht, das unbeabsichtigt zu dem Etiketten-Ratgeber schlechthin wurde. Und auch sein Nachfahre nimmt sich des Themas an, gilt als Deutschlands Botschafter für gutes Benehmen und tourt als Buchautor und Redner durch die Republik. In dieser Eigenschaft war er nun zu Gast beim Neujahrsempfang der Wirtschaftsjunioren Gunzenhausen und verstand es, sein Anliegen äußerst kurzweilig und einprägsam an die zahlreichen Zuhörer im Lutherhaus zu bringen.

 Dabei ging es in seinem Vortrag mit der Überschrift „Erfolgsfaktor Wertschätzung – Besser miteinander“ keineswegs nur um Höflichkeit und Anstand an sich, vielmehr machte Knigge als studierter Betriebswirtschaftler auf die ökonomische Seite aufmerksam: So ist er überzeugt, dass sich ein wertschätzender Umgang miteinander positiv auf ein Unternehmen auswirkt. Regen sich beispielsweise jeden Morgen fünf Mitarbeiter fünf Minuten darüber auf, dass der Vorgesetzte sie wieder einmal nicht gegrüßt hat, komme das einer Firma im Lauf der Jahre teuer zu stehen. Schuld an so einer Misere seien aber nicht nur die anderen, weshalb der Referent dazu aufrief, sich an die eigene Nase zu fassen: „Man muss selbst in Vorleistung gehen und sich fragen, was man besser machen kann“, lautete seine Devise.

Seiner Meinung nach steht diese Geste des Grüßens und damit des Wahrnehmens jedem Menschen zu: „Keiner im Unternehmen ist so wichtig, dass er die anderen nicht grüßen muss“, betonte Knigge. Niemals dürfe man daher in unserem Kulturkreis eine zur Begrüßung ausgestreckte Hand ausschlagen, auch wenn es nicht immer angenehm sei, diese zu berühren, wie er eingestand und humorvoll hinterher schob: „Es bringt Sie aber auch nicht um.“ Gegen ein manchmal bei der älteren Generation nicht gern gehörtes „Hallo“ als Begrüßungsformel hat er übrigens nichts einzuwenden. Die Sprache sei nun mal im Wandel und es dürfe sich keiner als Richter über den anderen aufspielen. Wem es nicht gefalle, der könne ja andere Worte wählen. Genauso elementar wie das Grüßen ist für den Referenten die Verwendung von „bitte“ und „danke“. Das sei unverzichtbar, egal ob gegenüber der Klofrau, einem Kellner oder einem Vorstandsvorsitzenden.

Ebenso wichtig sei die Balance zwischen Selbstkontrolle und Emotion. „Affekte und Wertschätzung beißen sich“, so seine Erfahrung, nach der es für einen gelassenen Menschen einfacher sei, wertschätzend zu agieren als für einen wütenden. Um zu erfahren „wie man selbst so drauf ist“, sollte man das Umfeld befragen. Besonders für Führungskräfte wäre laut Knigge eine gewisse „Feedback-Kultur“ wichtig. Seinen Worten nach werden Fehler zu selten angesprochen, ab einer gewissen Ebene „hört man nur, wie toll man ist“. Er machte jedoch keinen Hehl daraus, dass es nicht schön ist, Menschen etwas Negatives zu sagen, „aber das kann man lernen“.

Keinesfalls sollten Konflikte schriftlich ausgetragen werden, warnte der 46-Jährige davor, in der ersten Wut beispielsweise eine E-Mail zu beantworten. „Dann liegt die Deutungshoheit beim Leser, Erklärungen sind nicht mehr möglich“, erklärte er. Miteinander zu reden sei daher allemal der bessere Weg, und zwar dann, wenn sich das Gemüt wieder ein bisschen abgekühlt hat. Ganz vorsichtig sollte man zudem mit ironischen Bemerkungen sein. „Das kann schnell nach hinten losgehen, besonders in Hierarchien“, wusste er zu berichten und gab zu bedenken: „Ironie geht immer auf Kosten eines anderen.“

Da man andere Menschen nur sehr schwer ändern kann, sollte man versuchen, an sich selbst zu arbeiten, den eigenen Denkansatz zu überdenken. So ist es eben Ansichtssache, ob man ein Spülmaschinenlegastheniker oder ein Spülmaschinenspießer ist, wie er anhand einer amüsanten Geschichte verdeutlichte. Es lohne sich also, anzufangen, über Dinge nachzudenken, die einen nerven. Denn: „Sind Sie genervt, sind Sie eventuell nicht mehr in der Lage, höflich zu sein.“ Außerdem sei „nichts in Beton gegossen“: Finde er persönlich auch sichtbare Tatoos schrecklich, handele es sich trotzdem um Menschen, denen Wertschätzung zusteht. Verändere man seine Sichtweise dementsprechend, „wird man gelassener und es wird leichter, wertschätzend zu sein“.

Dinge aber, die geändert werden sollen, müssen angesprochen werden. „Da müssen Sie den Mund aufmachen.“ Am besten funktioniere das nicht aus der Wut, sondern aus der Gelassenheit heraus. Der Gast empfahl, einen ruhigen Moment abzupassen und unbedingt das „Vier-Augen-Prinzip“ zu berücksichtigen. „Kommunizieren Sie wohlwollend und verwenden Sie Ich-Botschaften“, lautete sein Rat.

Eine Absage erteilte Knigge der Angewohnheit mancher Menschen, die Umwelt und die Mitmenschen überwiegend negativ und mit einer gewissen Miesepetrigkeit wahrzunehmen. Vielmehr mache es das Leben um einiges einfacher, die Dinge positiv zu betrachten. Hilfreich könne auch sein, sich zu vergegenwärtigen, dass Menschen nicht böse, sondern ab und an einfach nur unaufmerksam sind. Dieser Grundgedanke und eine gute Portion Gelassenheit sind, so die zentrale Botschaft Knigges, der Schlüssel zu mehr Wertschätzung und einem besseren Miteinander. Und, da sprach noch einmal die BWL-Seele: „Menschen wertschätzend zu behandeln, ist nützlich.“

Nicht nur der Applaus der Zuhörer war Moritz Freiherr Knigge am Ende seines Vortrags sicher, sondern auch das Dankeschön von Stefan Meier, dem Vorsitzenden der Wirtschaftsjunioren Gunzenhausen, der die Gäste anschließend zu einem kleinen Imbiss und guten Gesprächen einlud. Umrahmt wurde die Veranstaltung im Lutherhaus in bewährter Weise vom Saxophon-Quintett „Saxissimo“.

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